Full text: Handbuch des Staats- und Verwaltungs-Rechts für das Königreich Bayern. Band II. Das rechtsrheinischen Gemeinden und die Gemeindeverbände (Gemeindeordnung, Distrikts- und Landratsgesetz). (2)

§ 94 a. Gesetzestext zu Art. 1 bis 9 der Gemeindeordnung. Art. 3. 75 
Ausgenommen sind größere Waldungen, Freigebirge und Seen, 12) 
welche bis jetzt 13) keiner Gemeindemarkung zugeteilt waren. 
Privilegium für sich in Anspruch nimmt, die Thatsachen beweisen muß, welcher 
die Anwendbarkeit der singulären Rechtsvorschrift im einzelnen Falle zu begründen 
geeignet sind 2c. 2c. 
ira) Die Bestimmung des Art. 3 Abs. I, daß jedes Grundstück einem 
Gemeindebezirke angehören muß, ist auch in § 4 des Gem.-Ed. von 1818/34 
vorgesehen, dieselbe war jedoch den beiden Edikten über das Gemeindewesen von 
1808 unbekannt. 
Entsch. des Verw.-Ger.-Hofes vom 11. Dezember 1891 Bd. 13, 356: 
Vor dem Gem.-Ed. von 1818 hat eine Gesetzesbestimmung des Inhalts, daß 
jedes Grundstück einer Gemeinde angehören müsse und nur größere Waldungen 
u. s. w. ausgenommen seien, nicht bestanden. 
Für diese Zeit gelten daher die Grundsätze, welche in der Entsch. des 
Verw.-Ger.-Hofes vom 22. Juli 1892 Bd. 14 S. 1 (1. Satz), speziell S. 4 
niedergelegt sind: Nach der geschichtlichen Entwicklung der Ansiedelungs= und 
Besitzverhältnisse in Deutschland darf es wohl allenthalben als Regel anerkannt 
werden, daß für den Grundherrn in unangebauter Gegend von Vorneherein keine 
Gemeindeangehörigkeit bestand. Umsoweniger wird ein solcher Zusammenhang 
bei einem ursprünglichen Königsforste angenommen werden können, welcher dem 
emeingebrauche verschlossen war und in der uneingeschränkten Gewalt des 
Grundherrn sich befand. Es ist daher nach der deutschrechtlichen Entwicklung 
der Dorfmarkungen die Zugehörigkeit einer großen abgeschlossenen, mit einer 
örtlichen Niederlassung nicht verknüpften Waldung zu einer bestimmten Gemeinde- 
und Ortsmarkung im Allgemeinen nicht zu vermuten, vielmehr im einzelnen 
Falle genau nachzuweisen. Vergl. hiezu nachstehende Anm. 12. 
12) Art. 3 Abs. I und II stellen im Zusammenhalte mit Art. 2 der 
Gem.-Ordn. und im Hinblick auf den dem Sinne nach gleichlautenden 8 4 des 
Gem.-Ed. von 1818/34 den Grundsatz auf, daß sowohl die beim Inkrafttreten 
der Gem.-Ordn. von 1869 bestehenden Gemeindebezirke als auch die zu diesem 
Zeitpunkte vorhandenen ausmärkischen Bezirke ganz so, wie sie in diesem Momente 
egeben waren, auch weiter fortbestehen sollen. Was also vor der Giltigkeit 
der Gem.-Ordn. von 1869 als „größere“ Waldung, Freigebirge und See 
galt und in der Praxis anerkannt war, soll auch mit Eintritt dieser Gem.-Ordn. 
weiter als „größere“ Waldung rc. gelten, ohne daß über diese Eigenschaft neue 
Erhebungen oder Feststellungen vorzunehmen sind. Siehe auch nachstehende 
Anm. 13. Vergl. v. Kahr S. 80.) 
15) Durch diese Beifügung „bis jetzt“ wird einerseits ausgedrückt, daß der 
bis zum Eintritt der Giltigkeit der Gem.-Ordn. bestehende Zustand auch ferner- 
hin aufrecht erhalten werden soll (s. Aum. 12), andrerseits ganz besonders aber 
auch, daß andere Markungen, welche bisher d. h. bis zur Gem.-Ordn. 1869 
nicht ausmärkisch waren, es auch in Zukunft nicht mehr werden können, 
daß also nur diejenigen Markungen, welche bis jetzt ausgenommen waren, auch 
in Zukunft ausmärkisch bleiben sollen, solange und soweit sie nicht gemäß Art. 4 
der Gem.-Ordn. einem Gemeindebezirke zugewiesen werden. (Letzteres kann aber 
jederzeit geschehen, da die ausmärkische Eigenschaft kein privatrechtliches, sondern 
ein öffentlich-rechtliches Verhältnis ist.) Eine Veränderung der Kulturart ändert 
hieran nichts: ein bisher ausmärkischer Wald, See 2c. bleibt ausgenommen, wenn 
z. B. auch der Wald gerodet, der See trocken gelegt und in Acker= oder Wiesen- 
land umgewandelt wird: vorbehaltlich wieder der Zuteilung desselben an eine 
  
  
*) Ueber den vor dem Juslebentreten der Gem.-Ordn. von 1869 geltenden Rechtszustand, 
an welchen der Art. 3 Abs. I (Verb.: „bis jetzt“) anknüpft, bezw. über die hier einschlägigen 
Rechtsverhältnisse für die Zeiträume von 1808 bis 1818 und von 1818 bis 1869 f. v. Kahr S. 75 ff.
	        
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