Full text: Handbuch des Staats- und Verwaltungs-Rechts für das Königreich Bayern. Band II. Das rechtsrheinischen Gemeinden und die Gemeindeverbände (Gemeindeordnung, Distrikts- und Landratsgesetz). (2)

8 94a. Gesetzestext zu Art. 1 bis 9 der Gemeindeordnung. Art. 4. 85 
nur im Falle dringenden öffentlichen Bedürfnisses 42) durch das Staats- 
ministerium des Innern verfügt werden. "3) 
III. Für die Zustimmung 44) der beteiligten Gemeinden wird in 
Gemeinden mit städtischer Verfassung ein übereinstimmender Beschluß 
des Magistrats und der Gemeindebevollmächtigten erfordert; in den 
übrigen Gemeinden ist in den Fällen des Abs. 1 Ziffer 1—4 die 
Zustimmung von mindestens zwei Dritteilen sämtlicher Gemeindebürger, 
in anderen Fällen ein zustimmender Beschluß des Gemeindeausschusses 
erforderlich. 
IV. Die freiwillige 45) Auflösung einer Gemeinde darf nur statt- 
*2) Dieses Bedürfnis soll in der That ein wirklich unbestreitbar dringen- 
des sein. Ob ein solches „dringendes öffentliches Bedürfnis“ gegeben sei, liegt 
jedoch lediglich in der Erwägung des kgl. Staatsministeriums des Innern; aus- 
schlaggebend werden vorzugsweise polizeiliche Rücksichten, sowie die Rücksicht auf 
die Möglichkeit der Ausübung bürgerlicher Rechte sein. 
Ist ein solch' dringendes öffentliches Bedürfnis wirklich gegeben d. h. vom 
kgl. Staatsministerium anerkannt, so muß bezw. kann die Veränderung auch gegen 
den Willen der Beteiligten verfügt werden, ist dagegen ein solches Bedürfnis nicht 
gegeben, dann kann und soll eine derartige Veränderung wenigstens ohne die Zu- 
stimmung der Beteiligten nicht erfolgen. 
*) Diese ministerielle Genehmigung ist sowohl in den Fällen des Abs. J 
als des Abs. II unbedingtes Erfordernis für die Rechtswirksamkeit der Ver- 
änderung eines Gemeindebezirks. Ohne dieselbe gibt es eben keine Veränderung 
von Gemeindebezirken und können auch durch Verträge seitens der beteiligten Ge- 
meinden solche Veränderungen nicht herbeigeführt werden.)) Auch ist gegen die 
ministerielle Verfügung kein Rechtsmittel gegeben. 
Bezüglich des Verfahrens s. oben § 94 S. 47 f. und Anm. 47 a. Weiter 
Näheres v. Kahr S. 97—102 Anm. 3 bis 7 zu Art. 4. S. auch die in Anm. 
48, I lit, e angeführte Entsch des Verw.-Ger.-Hofes vom 22. Juli 1892, ferner 
Entsch. des Verw.-Ger.-Hofes vom 27. Februar 1885 oben Anm. 30 a Nr. I 
lit. b. Ferner vergl. hieher die Aum. 68 a, 71 und 73. 
“) Ueber die Erteilung dieser „Zustimmung" s. oben § 94 S. 46, vgl. 
auch Anm. 37 und 31. 
*5) Unter der „freiwilligen“ Auflösung ist jede Auflösung zu verstehen, 
welche auf Grund von Beschlüssen der beteiligten Gemeinden geschieht. Auch die 
7) Und zwar ist nicht blos dann die Erholung dieser ministeriellen Genehmigung 
gedoten, wenn es sich um die Herbeiführung ganz neuer Gemeindegrenzen durch Ver- 
änderung des Gemeindebezirks nach Art. 4 handelt, sondern auch schon dann, wenn lediglich 
Grenzen der Gemeindemarkung, welche undentlich geworden sind, oder sich in irgend einer Weise ver- 
dunkelt haben, definitiv festgestellt werden soll Auch in diesem letzteren Falle ist es unzulässig, daß 
diese Verdunkelungen oder Unklarheiten bezüglich der Gemeindegrenzen durch Anerkenntnisse, Verträge, 
Vergleiche oder sonstige Vereinbarungen seitens der beteiligten Gemeinden beseitigt, sie müssen 
vielmehr durch ministerielle Verfügung aus der Welt geschafft werden bezw mugß die definitive 
Feststellung der (bisher verdunkelt gewesenen) Grenzen durch Entschließung des kgl. Staatsmini- 
steriums des Innern erfolgen. 
Vergl. Entsch, des Verw.-Ger.-Hofes vom 27. Februar 1885 Bd. 6. 70 in Anm. 30 al lit. 
u#.; vom 25. Juni 1886 Bd. 8 87 in §#94 Anm. 20 a. E.; vom 12. Juni 1889 Bd. 11. 432: Schon 
nach allgemeinen Grundsätzen kann in einem Verwaltungsrechtsstreite dem Zugeständnisse oder An- 
erkenntnisse der Beteiligten in Bezug auf den Umfang eines politischen oder Ortsgemeindebezirkes 
die Wirkung, den Markungsumfang festzustellen und die im verwaltungsrechtlichen Verfahren vor- 
geschriebene Offizialermittlung des Sachverhaltes überflüssig zu machen, an sich ebensowenig zu- 
kommen, als außerhalb eines Verwaltungsrechtsstreites die Beteiligten durch Vereinbarungen oder 
Vergleiche obiger Art Aenderungen der bestehenden Gemeindemarkungen herbeizuführen und die 
organisatorische Thätigkeit der Staatsgewalt zu ersetzen vermogen. 
Besonders: Entsch, des Verw.-Ger.-Hofes vom 22. Juli 1892 Bd. 11, spez. S. 13: ab- 
gedruckt unten in Anm. 18 Nr. 1 lit. e zu Art. 4 der Gem -Ordn.
	        
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