Full text: Die Polizei-Gesetze und Verordnungen in den östlichen Provinzen der preußischen Monarchie. Band I. (1)

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Kräfte besitzt, um sich und seinen nicht arbeitsfähigen Angehörigen den 
notdürftigen Lebensunterhalt zu verschaffen, und wenn er solchen weder 
aus eigenem Vermögen bestreiten kann, noch von einem dazu verpflichteten 
Berwandten erhält. Den Landesgesetzen bleibt vorbehalten, diese Befugnis 
der Gemeinden zu beschränken. 
Die Besorgnis vor künftiger Berarmung berechtigt den Gemeinde- 
vorstand nicht zur Zurückweisung. 
§ 5. Offenbart sich nach dem Anzuge die Notwendigkeit einer öffent- 
lichen Unterstützung bevor der neu Anziehende an dem Aufenthaltsorte 
einen Unterstützungswohnsitz (Heimatsrecht) erworben hat, und weist die 
Gemeinde nach, daß die Unterstützung aus anderen Gründen als wegen 
einer nur vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit notwendig geworden ist, so 
kann die Fortsetzung des Aufenthalts versagt werden. 
§ 6. Ist in den Fällen, wo die Aufnahme oder die Fortsetzung 
des Aufenthalts versagt werden darf, die Pflicht zur Uebernahme der 
Fürsorge zwischen verschiedenen Gemeinden eines und desselben Bundes- 
staates streitig, so erfolgt die Entscheidung nach den Landesgesetzen. 
Die tatsächliche Ausweisung aus einem Orte darf niemals erfolgen, 
bevor nicht entweder die Annahmeerklärung der in Anspruch genommenen 
Gemeinde oder eine wenigstens einstweilen vollstreckbare Entscheidung über 
die Fürsorgepflicht erfolgt ist. 
§ 7. Sind in den in §8 b bezeichneten Fällen verschiedene Bundes- 
staaten beteiligt, so regelt sich das Versahren nach dem Vertrage wegen 
gegenseitiger Verpflichtung zur Uebernahme der Auszuweisenden d. d. Gotha, 
den 15. Juli 185 1, sowie nach den späteren, zur Ausführung dieses Ver- 
troges getroffenen Verabredungen. 
Bis zur Uebernahme seitens des verpflichteten Staates ist der Auf- 
enthaltsstaat zur Fürsorge für den Auszuweisenden am Aufenthaltsorte 
nach den für die öffentliche Armenpflege in seinem Gebiele gesetzlich be- 
stehenden Grundsätzen verpflichtet. Ein Anspruch auf Ersatz der für diesen 
Zweck verwendeten Kosten sindet gegen Staals--, Gemeinde= oder andere 
öffentliche Kassen desjenigen Staates, welchem der Hilfsbedürftige angehört, 
sofern nicht anderweitige Verabredungen bestehen, nur insoweit statt, als 
die Fürsorge für den Anszuweisenden länger als drei Monate gedauert hat. 
§ 8. Die Gemeinde ist nicht befugt, von neu Anziehenden wegen 
des Anzugs eine Abgabe zu erheben. Sie kann dieselben, gleich den 
übrigen Gemeindeeinwohnern, zu den Gemeindelaßten heranziehen. Ueber- 
steigt die Dauer des Aufenthalts nicht den Zeitraum von drei Monaten, 
so sind die neu Anziehenden diesen Lasten nicht unterworfen. 
§ 9. Was vorstehend von den Gemeinden bestimmt ist, gilt an 
denjenigen Orten, wo die Last der öffentlichen Armenpflege verfassungs- 
mäßig nicht der örtlichen Gemeinde, sondern anderen gesetzlich anerkannten 
Verbänden (Armenkommunen) obliegt, auch von diesen, sowie von denjenigen 
Gutsherrschaften, deren Gutsbezirk sich nicht in einem Gemeindeverbande 
befindet. 
§ 10. Die Vorschriften über die Anmeldung der nen Anziehenden 
bleiben den Landesgesetzen mit der Maßgabe vorbehalten, daß die unter-
	        
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