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entfernen. Diese Erklärung kann nötigenfalls durch die bewaffnete Macht
zur Ausführung gebracht werden.
§ 7. Niemand darf in einer Bersammlung bewaffnet erscheinen,
mit Ausnahme der im Dienste befindlichen Polizeibeamten.
§ 8. Für Vereine, welche bezwecken, politische Gegenstände in
Versammlungen zu erörtern, gelten außer vorstehenden Bestimmungen
nachstehende Beschränkungen:
a) sie dürfen keine Frauenspersonen, Schüler und Lehrlinge als
Mitglieder aufnehmen;
b) sie dürfen nicht mit anderen Bereinen gleicher Art zu gemein-
samen Zwecken in Verbindung treten, insbesondere nicht durch
Komitees, Ausschüsse, Zentralorgane oder ähnliche Einrichtungen
oder durch gegenseitigen Schriftwechsel.
Werden diese Beschränkungen überschritten, so ist die Ortspolizei-
behörde berechtigt, vorbehaltlich des gegen die Beteiligten gesetzlich einzu-
leitenden Strafverfahrens, den Verein bis zur ergehenden richterlichen
Entscheidung (& 16) zu schließen.
Frauenspersonen, Schüler und Lehrlinge dürfen den Versammlungen
unPd Sitzungen solcher politischen Bereine nicht beiwohnen. Werden die-
selben auf die Aufforderung des anwesenden Abgeordneten der Obrigkeit
nicht entfernt, so ist Grund zur Auflösung der Versammlung oder der
Sitzung (§§ 5, 6) vorhanden.
§ 9. Oeffentliche Versammlungen unter freiem Himmel bedürfen
der vorgängigen schriftlichen Genehmigung der Ortspolizeibehörde.
Die Genehmigung ist von dem Unternehmer, Vorsteher, Ordner
oder Leiter derselben mindestens achtundvierzig Stunden vor der Zusammen-
kunft nachzusuchen, und darf nur versagt werden, wenn aus der Ab-
haltung der Bersammlung Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder
Ordnung zu befürchten ist.
Soll die Versammlung auf öffentlichen Plätzen, in Städten und
Ortschaften, oder auf öffentlichen Straßen staittfinden, so hat die Orts-
polizeibehörde bei Erteilung der Erlaubnis auch alle dem Verkehr schuldige
Rücksichten zu beachten. Im übrigen finden auf solche Versammlungen
die Bestimmungen der §## 1, 4, 5, 6 und 7 Anwendung.
§ 10. Den in den vorhergehenden Paragraphen erwähnten Ver-
sammlungen werden öffentliche Aufzüge in Städten und Ortschaften oder
auf öffentlichen Straßen gleichgestellt. Bei Einholung der Genehmigung
ist der beabsichtigte Weg anzugeben. Gewöhnliche Leichenbegängnisse,
sowie Züge der Hochzeitsversammlungen, wo diese hergebracht find, kirch-
liche Prozessionen, Wallfahrten und Bittgänge, wenn sie in der herge-
brachten Art stattfinden, bedürfen einer vorgängigen Genehmigung und
selbst einer Anzeige nicht.!1)
§ 11. Innerhalb zweier Meilen von dem Orte der jedesmaligen
Residenz des Königs, oder von dem Orte des Sitzes beider Kammern
dürfen Bolksversammlungen unter freiem Himmel von der Ortspolizei-
1) Bal. M.-Erl. vom 26. August 1874. (M.Bl. S. 201.)
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