Full text: Die Polizei-Gesetze und Verordnungen in den östlichen Provinzen der preußischen Monarchie. Band I. (1)

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§ 120b. Die Gewerbennternehmer find verpflichtet, diejenigen Ein- 
richtungen zu treffen und zu unterhalten und diejenigen Vorschriften über 
das Verhalten der Arbeiter im Betriebe zu erlassen, welche erforderlich 
find, um die Aufrechterhaltung der guten Sitten und des Anstandes zu 
sichern. 
Insbesondere muß, soweit es die Natur des Betriebs zuläßt, bei 
der Arbeit die Trennung der Geschlechter durchgeführt werden, sofern nicht 
die Aufrechterhaltung der guten Sitten und des Anstandes durch die Ein- 
richtung des Betriebes ohnehin gesichert ist. 
In Anlagen, deren Betrieb es mit sich bringt, daß die Arbeiter sich 
umkleiden und nach der Arbeit sich reinigen, müssen ausreichende, nach 
Geschlechtern getrennte Ankleide= und Waschräume vorhanden sein. 
Die Bedürfnisanstalten müssen so eingerichtet sein, daß sie für die 
Zahl der Arbeiter ausreichen, daß den Anforderungen der Gesundheitspflege 
entsprochen wird und daß ihre Benutzung ohne VBerletzung von Sitte und 
Anstand erfolgen kann. 
§ 1206. Gewerbeunternehmer, welche Arbeiter unter achtzehn 
Jahren beschäftigen, find verpflichtet, bei der Einrichtung der Betriebsstätte 
und bei der Regelung des Betriebs diejenigen besonderen Rücksichten auf 
Gesundheit und Sittlichkeit zu nehmen, welche durch das Alter dieser 
Arbeiter geboten find. 
§ 1204. Die zuständigen Polizeibehörden sind befugt, im Wege 
der Verfügung für einzelne Anlagen die Ausführung derjenigen Maß- 
nahmen anzuordnen, welche zur Durchführung der in 88 120a bis 
120c enthaltenen Grundsätze erforderlich und nach der Beschaffenheit der 
Anlage ausführbar erscheinen. Sie können anordnen, daß den Arbeitern 
zur Einnahme von Mahlzeiten außerhalb der Arbeitsräume angemessene, 
in der kalten Jahreszeit geheizte Räume unentgeltlich zur Verfügung ge- 
siellt werden. 
. Soweit die angeorbneten Maßregeln nicht die Beseitigung einer 
dringenden, das Leben oder die Gesundheit bedrohenden Gefahr bezwecken, 
muß für die Ausführung eine angemessene Frist gelassen werden. 
Den bei Erlaß diefes Gesetzes bereits bestehenden Anlagen gegenüber 
können, solange nicht eine Erweiterung oder ein Umbau eintritt, nur 
Anforderungen gestellt werden, welche zur Beseitigung erheblicher, das 
Leben, die Gesundheit oder die Sittlichkeit der Arbeiter gefährdender Miß- 
känte erforderlich odber ohne unverhältnismäßige Aufwendungen ausführbar 
cheinen. 
Gegen die Verfügung der Polizeibehörde steht dem Gewerbeunter- 
nehmer binnen zwei Wochen die Beschwerde an die höhere Verwaltungs- 
behörde zu. Gegen die Entscheidung der höheren Verwaltungsbehörde ist 
binnen vier Wochen die Beschwerde an die Zentralbehörde zulässig; diese 
entscheidet endgültig. Widerspricht die Verfügung den von der zuständigen 
Berufsgenossenschaft erlassenen Vorschriften zur Verhütung von Unfällen, 
so ist zur Einlegung der vorstehend bezeichneten Rechtsmittel binnen der 
dem Gewerbeunternehmer zustehenden Frist auch der Vorstand der Berufs- 
genossenschaft befugt. 
Loße, Rolijeiverorduungen. B. I. 17
	        
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