Full text: Die Polizei-Gesetze und Verordnungen in den östlichen Provinzen der preußischen Monarchie. Band I. (1)

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§ 100. Begräbniskosten ist die Herrschaft für das Gefinde zu be- 
zahlen in keinem Falle schuldig. 
§ 101. Stirbt das Haupt der Familie, so sind die Erben nicht 
gehalten, das Gefinde länger als bis zur nächsten gesetzlichen Ziehzeit 
(§8 32, 33, 34) zu behalten, wenn auch durch besonderen Vertrag eine 
längere Dienstzeit festgesetzt wäre. 
8 102. Erfolgt jedoch der Todesfall nach der Kündigungsfrist, so 
muß Gefinde, welches bloß zu häuslichen Verrichtungen bestimmt ist, das 
bare Lohn doch ohne Kofst oder Kostgeld für das nächstfolgende Viertel- 
jahr noch überdies, stati Entschädigung für die verspätete Kündigung, er- 
halten; Gefinde aber, das zur Landwirtschaft gebraucht wird, noch für das 
nächstfolgende Jahr beibehalten werden, falls keine andere freiwillige Ab- 
kunft getroffen werden kann. 
§ 103. Sind Dienstbolen zur besonderen Bedienung einzelner 
Mitglieder der Familie angenommen, so können bei dem Absterben der- 
selben die Bestimmungen des verstehenden Paragraphen auch auf sie an- 
gewendet werden. 
§ 104. Männliche Dienstboten erhalten die ganze gewöhnliche 
Lipree, wenn sie der vorstorbenen Herrschaft schon ein halbes Jahr oder 
länger gedient haben. 
§ 105. Sind sie noch nicht so lange in ihren Diensten gewesen, 
so müssen sie Rock, Weste und Hut zurücklassen. 
§ 106. War der Bediente nur monatweise gemietet, so erhält er 
Lohn und Kostgeld, wenn die Herrschaft vor dem fünfzehnten Monatstage 
stirbt, nur auf den laufenden, sonst aber auch auf den folgenden Monat. 
§ 107. Entsteht Konkurs über das Vermögen der Herrschaft, so 
finden die Vorschriften §§ 101 bis 106 Anwendung. 
§ 108. Der Tag des eröffneten Konkurses wird in dieser Beziehung 
dem Todestage gleich geachtet. 
§ 109. Wegen des alsdann rückständigen Gesindelohns bleibt es 
bei den Vorschriften der Konkursordnung. 
Nach vorhergegangener Aufkündigung. 
§ 110. Außer diesen Fällen kann der Mietsvertrag während der 
Dienstzeit einseitig nicht aufgehoben werden. 
§ 111. Welcher Teil denselben nach Ablauf der Dienstzeit nicht 
forlsetzen will, muß innerhalb der gehörigen Frist aufkündigen. 
§ 112. Die Aufkündigungsfrist wird bei städtischem Gesinde auf 
sechs Wochen und bei dem Landgesinde auf drei Monate vor dem Ab- 
laufe der Dienstzeit angenommen, insofern ein anderes bei der Vermietung 
nicht ausdrücklich verabredet ist. Sollten indes andere Kündigungsfristen 
bei dem ländlichen Gesinde bisher noch nicht üblich gewesen sein, so mag 
es dabei für die nächsten fünf Jahre (§ 48) noch sein Bewenden behalten. 
8§ 113. Bei monatweise gemieteten Dienstboten findet die Auf- 
kündigung noch am Fünfzehnten eines jeden Monats statt. 
§ 114. Ist keine Aufkündigung erfolgt, so wird der Vertrag als 
stillschweigend verlängert angesehen.
	        
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