Full text: Die Polizei-Gesetze und Verordnungen in den östlichen Provinzen der preußischen Monarchie. Band I. (1)

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beamteten Arzt benachrichtigen. Dieser hat alsdann unverzüglich an Ort 
und Stelle Ermittelungen über die Art, den Stand und die Ursache der 
Krankheit vorzunehmen und der Polizeibehörde eine Erklärung darüber 
abzugeben, ob der Ausbruch der Krankheit festgestellt oder der Verdacht 
des Ausbruchs begründet ist. In Notfällen kann der beamiete Arzt die 
Ermittelung auch vornehmen, ohne daß ihm eine Nachricht der Polizei- 
behörde zugegangen ist. 
In Ortschaften mit mehr als 10 000 Einwohnern ist nach den 
Bestimmungen des Abs. 1 auch dann zu verfahren, wenn Erkrankungs- 
oder Todesfälle in einem räumlich abgegrenzien Teile der Ortschaft, welcher 
von der Krankheit bis dahin verschont geblieben war, vorkommen. 
. Die höhere Berwaltungsbehörde kann Ermittelungen über jeden 
einzelnen Krankheits- oder Todesfall anordnen. Solange eine solche An- 
ordnung nicht getroffen ist, sind nach der ersten Feststellung der Krankheit 
von dem beamteten Arzie Ermittelungen nur im Einverständnisse mit der 
unteren Verwaltungsbehörde und nur insoweit vorzunehmen, als dies 
erforderlich ist, um die Ausbreitung der Krankheit örtlich und zeitlich zu 
verfolgen. 
§ 7. Dem beamteten Arztie ist, soweit er es zur Feststellung der 
Krankheit für erforderlich und ohne Schädigung des Kranken für zulässig 
hält, der Zutritt zu dem Kranken oder zur Leiche und die Vornahme der 
zu den Ermittelungen über die Krankheit erforderlichen Untersuchungen zu 
gestatten. Auch kann bei Cholera-, Gelbfieber= und Pestverdacht eine 
Oeffnung der Leiche polizeilich angeordnet werden, insoweit der beamteie 
Arzt dies zur Feststellung der Krankheit für erforderlich hält. 
Der behandelnde Arzt ist berechtigt, den Untersuchungen, insbesondere 
auch der Leichenöffnung, beizuwohnen. 
Die in §§ 2 und 3 aufgeführten Personen sind verpflichtet, über alle 
für die Entstehung und den Verlauf der Krankheit wichtigen Umstände dem 
beamteten Arzte und der zuständigen Behörde auf Befragen Auskunft zu 
erteilen. 
§ 8. Ist nach dem Gutachten des beamteten Arztes der Ausbruch 
der Krankheit festgestellt oder der Verdacht des Ausbruchs begründet, so 
hat die Polizeibehörde unverzüglich die erforderlichen Schutzmaßregeln zu 
treffen. 
§ 9. Bei Gefahr im Verzuge kann der beamtete Arzt schon vor 
dem Einschreiten der Polizeibehörde die zur Verhütung der Verbreitung 
der Krankheit zunächst erforderlichen Maßregeln anordnen. Der Vorsteher 
der Ortschaft hat den von dem beamiteten Arzte getroffenen Anordnungen 
Folge zu leisten. Bon den Anordnungen hat der beamtete Arzt der 
Polizeibehörde sofort schriftliche Mitteilung zu machen; sie bleiben solange 
in Kraft, bis von der zuständigen Behörde anderweite Verfügung ge- 
troffen wird. 
§ 10. Für Ortschaften und Bezirke, welche von einer gemeingefähr- 
lichen Krankheit befallen oder bedroht find, kann durch die zuständige 
Behörde angeordnet werden, daß jede Leiche vor der Bestattung einer 
amtlichen Besichtigung (Leichenschau) zu unterwerfen ist.
	        
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