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6. Gesetz wegen des Wasserstaues bei Mühlen und Derschaffung von
orflut, vom 15. Movember 1811. (G.-S. S. 352.) )#)
Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen rc.,
tun kund und fügen hiermit zu wissen: Die Nachteile, welche durch das
Anstauen des Wassers bei den Mühlen, und das zeitige Verfahren bei
Anordnung der Vorflut für die Landschaft entstehen, veranlassen Uns,
folgende nähere Bestimmung darüber zu erlassen:
§ 1. Bei den Mühlen oder andern durch Wehre oder Schleusen
veranlaßten Störungen, wo der Wasserstand noch nicht durch einen unter
polizeilicher Aufficht gesetzten Merkpfahl bestimmt ist, muß jeder Besitzer
derselben sich die Setzung eines Merkpfahls auf Antrag und Kosten derer,
die dabei interessiert sind, gefallen lassen.
§ 2. Diese Setzung kann nur durch sachverständige Kommissarien
der Provinzialpolizeibehörden unter Zuziehung des Gerichts, welchem die
Mühle unterworfen ist, vollzogen werden.
§ 3. An dem Merkpfahle muß sowohl der im Sommer, als der
im Winter zulässige höchste Wasserstand ganz deutlich kennbar bezeichnet,
auch die Höhe davon mit dem Fachbaum der Mahl-- und Freischleuse,
und mit einem nahe gelegenen unverrückbaren Gegenstande durch Nivelle-
ment verglichen, und zu Protokoll verschrieben werden. Im umgekehrten
Falle, wenn ein Müller die Verpflichtung hat, zur Erhaltung der Schiff-
barkeit eines Gewässers, das Oberwasser seiner Mühle auf einer bestimmten
Höhe zu erhalten, soll in Absicht der Setzung der Merkpfähle für
den niedrigsten zulässigen Wasserstand auf eine ähnliche Weise verfahren werden.
84. Ist die Höhe des Wasserstandes durch rechtskräftige Urteile oder nach
dem Einverständnisse aller Interessenten auf eine andere Art deutlich bestimmt,
so hat es dabei sein Bewenden, und müssen die Kommissarien den Merk-
pfahl danach setzen.
§ 5. Sind aber die Interessenten darüber uneinig, ob die Höhe des
Wasserstandes durch gültige Verträge, Verleihungen oder rechlsverjährten
Besitz bestimmt sei, so muß die Sache zur gerichtlichen Erörterung ver-
wiesen, das Verfahren jedoch nach Anleitung der allgemeinen Gerichts-
ordnung Teil I, Tit. 42, § 35 2c. vorzüglich beschleunigt werden. Findet
es sich hierbei, daß keine klaren Bestimmungen des Wasserstandes vorgelegt
werden können, so setzen die Kommissarien denselben dergestalt fest, daß
dabei das gegenseitige Interesse der Bodenkultur und des Müllers oder
sonstigen Stauberechtigten möglichst vereinigt werde, und gegen eine Fest-
seung auf diesem Grunde finden keine Beschwerden bei den Gerichten,
sondern Rekurs an die oberen Polizeibehörden statt.
§ 6. Der Provinzialpolizeibehörde bleibt jedoch unbenommen, während
der Dauer der erwähnten gerichtlichen Erörterung interimistisch einen Wasser-
stand festsetzen zu lassen, welchen der Müller oder sonstige Stauberechtigte so
lange halten muß, bis ein anderes durch die definitive Entscheidung festgesetztist..)
1) Bal- ###n. der R.-Gew O.
2) Val. isterialerlaß vom 19. April 1903. (M.-Bl. S. 116.)
» 2) Val. den Ministerialerlaß, betr. die Genehmi von
für Wassertriebwerke, vom 19. April 1908. (M.-Bl. S. 116.)