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Geschlachtetes gesundes Geflügel darf unter der gleichen Voraussetzung
auch aus dem Ausstellungsort ausgeführt werden.
§ 8. Die Seuche gilt auch innerhalb der Ausstellungs= und Beobachtungs-
räume als erloschen und die Sperrmaßregeln find aufzuheben, wenn alle kranken
oder verdächtigen Tiere verendet oder getötet sind oder wenn die Unverdächtig-
keit des überlebenden Geflügels durch das Gutachten des beamteten Tierarztes
festgestellt und wenn außerdem in allen Fällen eine Reinigung und Desinfektion
Der verseuchten Käfige, Behälter usw. und Räumlichkeiten nach Anweisung des
beamteten Tierarztes ausgeführt und dies von ihm bescheinigt worden ist.
§ 9. Für die nach § 1 von den vorstehenden Vorschriften ausgenommenen
Ausstellungen haben die Ortspolizeibehörden je nach Lage des Falles die zur
Berhütung des Ausbruches und der Verschleppung sowie zur Unterdrückung
von Geflügelseuchen erforderlichen Anordnungen unter Berücksichtigung der all-
gemeinen Bestimmungen über die Bekämpfung diefer Seuchen zu treffen. Je-
doch ist regelmäßig von den in den §8§ 2 und 3 vorgesehenen Beschränkungen
(Beibringung von Ursprungszeugnissen und amtstierärztliche Untersuchung vor
dem Verbringen nach dem Ausstellungsraum) abzusehen.
§ 10. Die infolge Erlasses des Herrn Ministers für Landwirtschaft vom
24. Juni 1901 in betreff der veterinärpolizeilichen Ueberwachung der Geflügel-
ausstellungen durch Verfügung vom 16. Juli 1901 — Pa. 161 R. — und vom
27. Februar 1903 — Pa. 683 — erlassenen Bestimmungen werden durch diese
landespolizeiliche Anordnung außer Wirksamkeit gesetzt.
§ 11. Zuwiderhandlungen gegen diese landespolizeiliche Anordnung unter-
liegen den Strafvorschriften in § 328 des Strafgesetzbuches sowie in § 66 Abs. 3
und 4, § 67 des Reichsviehseuchengesetzes.
§ 12. Die Aufhebung oder Abänderung dieser Anordnung wird erfolgen,
sobald die eingangs gedachte Gefahr der Verbreitung von Geflügelseuchen, ins-
besondere der Geflügelcholera und der Hühnerpest nicht mehr besteht.
Liegnitz, den 20. November 1903.
Der Regierungspräsident.
5. Bekanntmachung, betr. Belehrung über die Geflügelcholera und die
Hühnerpest, vom 20. Movember 1005. (Sonderbeilage zu Mr. 48
des Amtsbl.)
Im Anschluß an die Bekanntmachung des Herrn Reichskanzlers vom
16. Mai d. Is., betr. die Einführung der Anzeigepflicht für die Hühnerpest,
und an meine landespolizeilichen Anordnungen vom 20. November d. IJs., betr.
Maßregeln gegen die Geflügelcholera und die Hühnerpest, und betr. die Ueber-
wachung von Geflügelausstellungen, gebe ich nachstehend eine Belehrung über
die Kennzeichen, den Verlauf und die Ursachen der Geflügelcholera und der
Hühnerpest.
1. Die Geflügelcholera.
Die Geflügelcholera ist eine ansteckende Krankheit, welche sämtliches Haus-
geflügel, namentlich Hühner, Gänse und Enten befällt und gewöhnlich mit dem
Tode endigt. Die Ansteckung gesunder Geflügelbestände erfolgt am häufigsten
durch den Zulauf fremden Geflügels. Außerdem kann die Krankheit durch
Kadaver krepierter und die Abgänge (Blut, Eingeweide, Federn) geschlachteter
kranker Hühner, Gänse und Enten verbreitet werden. Endlich kann sich ge-
sundes Geflügel dadurch anstecken, daß es auf Straßen und Weiden oder in
Bäche und Tümpel getrieben wird, welche zuvor kranke Geflügelherden passierthaben.