Full text: Hayn'sche Sammlung der Polizei-Verordnungen und polizeilichen Vorschriften der Regierungsbezirke der östlichen Provinzen Regierungsbezirk Liegnitz (II Teil II)

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entstehenden Knötchen vereinigen sich zu flachen, höckerigen Geschwülsten, die sich 
im weiteren Verlaufe nicht selten zu großen Geschwürsflächen umgestalten. 
Hiermit ist eine schwere Störung des Allgemeinbefindens verbunden; die sich 
besonders durch anhaltendes Liegen, Verminderung der Freßlust, allmählich zu- 
nehmende Abmagerung und Ausfluß einer dicken, zähen Schleimmasse aus 
Augen und Nase ausspricht. Unter diesem Verlaufe kann der dritte Teil, nicht 
selten 50 Prozent und darüber der erkrankten Herde zugrunde gehen. 
Am schwersten werden von den Pocken regelmäßig die feinwolligen Schafe 
mit feiner zarter Haut betroffen. 
Die einzelnen Schafe einer Herde werden in der Regel nicht auf einmal, 
sondern nach und nach angesteckt und erkranken auch in dieser Weise. Infolge- 
dessen vergehen nicht selten mehrere Monate, bevor die ganze Herde durchge- 
seucht ist, wenn nicht durch die künstliche Uebertragung des Ansteckungsstoffes 
auf die noch gesunden Tiere, d. h. durch deren Impfung eine Beschleunigung 
des Krankheitsverlaufes in der Herde herbeigeführt wird. 
Außerdem hat die Impfung noch den Nutzen, daß bei den geimpften 
Schafen die Seuche auch in einer wesentlich milderen Form auftritt, als bei den 
auf dem Wege der natürlichen Ansteckung erkrankter Tieren. 
Diese Impfung darf jedoch nach § 49 des Reichsviehseuchengesetzes sowie 
nach § 102 der hierzu ergangenen Bundesratsinstruktion nur auf polizeiliche 
Anordnung vorgenommen werden. Sie muß vorgenommen bzw. für die ge- 
sunden Stücke einer Herde angeordnet werden, wenn in dieser der Ausbruch 
der Seuche festgestellt ist. 
Die Vornahme der Impfung ohne polizeiliche Anordnung ist verboten. 
Zuwiderhandlungen hiergegen unterliegen den Strafvorschriften des Reichsvieh- 
seuchengesetzes. 
Die kranken Schafe find, wenn irgend angängig, von den gesunden bzw. 
geimpften Schafen abzusondern und nach einem anderen Stalle zu verbringen 
und hier von einem besonderen Wärter, der mit anderen Schafen nicht in Be- 
rührung kommt, zu warten. Sollten einige der geimpften Schafe an den natürlichen 
Pocken erkranken, so find diese sofort aus dem Bestande zu entfernen und bei 
den abgesonderten kranken Schafen unterzubringen. 
Als Selbstschutzmaßregeln gegen die Einschleppung der Seuche sind zu 
empfehlen: 
1. Vorficht beim Ankauf von Schafen, 
2. getrennte Aufstellung der zugekauften Schafe von der vorhandenen Herde 
während eines Zeitraumes von 14 Tagen, 
3. Fernhaltung fremder Personen, namentlich Viehhändler und Fleischer 
von den Stallungen und der Herde, desgleichen fremder Schafe von der Herde 
und den Gehöften, 
4. Verbot des Betretens anderer Stallungen des Ortes durch Hausge- 
nossen und Dienstboten, wenn in dem Orte die Seuche herrscht. 
Liegnitz, den 10. November 1905. 
Der Regierungspräfident.
	        
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