Full text: Hayn'sche Sammlung der Polizei-Verordnungen und polizeilichen Vorschriften der Regierungsbezirke der östlichen Provinzen Regierungsbezirk Liegnitz (II Teil II)

Abteilung XI. 
Deich- und Wasserpolizei. 
1. Gesetz, betr. Schutzmaßregeln im Quellgebiet der linksseitigen 
Zuflüsse der Oder in der Provinz Schlesien, vom 16. September 1899. 
(Ges.-S. S. 160.) 
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen usw. verordnen 
unter Zustimmung der beiden Häuser des Landtags der Monarchie, was folgt: 
§ 1. Die land= und forstwirtschaftliche Nutzung von Grundstücken der dem 
Gebirgs= und Hügelland angehörenden Quellgebiete der linksseitigen Zuflüsse 
der Oder in der Provinz Schlesien unterliegt den besonderen Bestimmungen 
dieses Gesetzes. 
§ 2. Eine forstwidrige Nutzung von Holzungen ist unzulässig. 
Eine forstwidrige Nutzung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn durch 
forstlich unwirtschaftliche Maßnahmen oder durch Unterlassung wirtschaftlich ge- 
botener Handlungen die Zurückhaltung des Niederschlagwassers vereitelt oder 
erheblich erschmert, oder die Gefahr der Entstehung von Wasserrissen, Boden- 
abschwemmungen, Hangrutschungen, Geröll= oder Geschiebebildungen herbei- 
geführt wird. 
Wird eine forstwidrige Nutzung durch den Regierungspräfidenten festgestellt, 
so hat dieser dem Eigentümer oder dem Nutzungsberechtigten die künftige Be- 
wirtschaftung vorzuschreiben. 
§ 3. Die Rodung von Holzungen darf nur mit Genehmigung des Regie- 
rungspräsidenten erfolgen. Die Genehmigung darf nicht erteilt werden, wenn 
die Erhaltung des Grundstücks als Holzung für die Zurückhaltung des Nieder- 
schlagwassers oder die Verhütung von Wasserrissen, Bodenabschwemmungen, 
Hangrutschungen, Geröll= oder Geschiebebildungen erforderlich ist. 
§ 4. Wenn eine Holzung ohne Genehmigung ganz oder teilweise gerodet 
worden ist, so kann der Regierungspräsident die Wiederaufforstung der ge- 
rodeten Fläche anordnen. 
§ 5. Die Neuanlage offener Gräben an Gebirgshängen in der Hauwpt- 
gefällrichtung ist unzulässig. 
Wird eine solche von dem Regierungspräsidenten festgestellt, so hat dieser 
ihre Beseitigung anzuordnen. 
§ 6. Das auf zu Tal führenden Wegen abfließende Wasser ist, soweit es 
nach den örtlichen Verhältnissen ohne wirtschaftliche Nachteile geschehen kann, 
von den Besitzern der angrenzenden Grundstücke in Stichgräben abzuleiten und 
wo dazu Gelegenheit geboten ist, in Gruben (Schlammfängen) aufzufangen. 
 
	        
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