Die ãsterreithisq·nngarise Monartzie. (März 17./21.) 159
Der Verfassungsausschuß des Abgeordnetenhauses beschließt die
Einsetzung eines aus sieben Mitgliedern bestehenden Unterkomitees behufs
Herbeischaffung von Material und Entgegennahme von Aufklärungen der
Regierung über den Ursprung sämtlicher auf dem § 14, dem Oktroyierungs-
paragraphen, beruhenden Verordnungen. Ministerpräsident v. Gautsch:
Er sei bereit, dieses Material bereitzustellen und die Notwendigkeit und die
Dringlichkeit der einzelnen Verordnungen nachzuweisen. Gegenüber gewissen
im Laufe der Debatte gemachten juristischen Bemerkungen über die Wirkung
eines ablehnenden Beschlusses eines der beiden Häuser hinsichtlich der auf
den § 14 sich stützenden Verordnungen weise er auf die klaren Bestim-
mungen des Staatsgrundgesetzes hin, wonach in diesem Falle die Regie-
rung verpflichtet sei, die betreffende Verordnung außer Wirksamkeit zu
setzen. Solange aber ein solcher Beschluß nicht vorliege, hätten die Ver-
ordnungen volle Geltung. Die Anregung des polnischen Abg. Grafen
Dzieduszycki, der die nachträgliche ausdrückliche parlamentarische Gut-
heißung des mittelst des § 14 in Kraft gesetzten Budgetprovisoriums für
das erste Halbjahr dieses Jahres empfahl, begrüßt der Ministerpräsident
auf das wärmste, denn damit würde das oktroyierte Provisorium sich sofort
in ein von der Volksvertretung votiertes verwandeln.
März. (Cisleithanien.) Der Landesverteidigungsminister
Graf Welsersheimb tritt zurück. Sein Nachfolger wird Feldzeug-
meister Schönaich.
17.21. März. (Cisleithanien.) Debatte über die Bezie-
hungen zu Ungarn.
Abg. Derschatta (dt. Volksp.) beantragt, eine Kommission zu
wählen, die die künftigen kommerziellen und politischen Beziehungen zu
Ungarn regeln soll. Am 17. März erklärt Ministerpräsident Frhr.
v. Gautsch: Ich kann mir nicht recht vorstellen, wie es möglich wäre,
daß in dem Augenblicke, wo der König aus Ungarn nach dem Ausfall
der jüngsten Wahlen dem konstitutionellen Gebrauch gemäß eine größere
Zahl ungarischer Politiker behufs Lösung der Krisis zu sich berief, auch
österreichische Politiker eine solche Berufung erhalten sollten. Allerdings
wird es nach der Bildung der neuen ungarischen Regierung Aufgabe der
österreichischen Regierung sein, an erstere mit einer Reihe ganz bestimmter
Fragen heranzutreten, um dann, entsprechend der ihr erteilten Antwort,
mit Anträgen vor das Haus zu treten. Gegenüber den Bemerkungen des
Abg. Lecher, daß ich ein weißes Blatt sei, auf welchem der Kaiser von
Oesterreich eines Tages schreiben werde, was der König Ungarn ver-
sprochen habe, sowie daß ich nur auf das Stichwort aus der Hofburg
warte, vielleicht auch ein Grammophon sei, in welches der Herr eine neue
Platte einlegen werde, bemerke ich: So einseitig bin ich nicht. (Heiterkeit.)
Vielleicht wird das Haus im Laufe der Zeit Gelegenheit haben, sich zu
überzeugen, daß ich recht einseitig bin, wenn es sich um die Vertretung
von Interessen des Vaterlandes handelt. Was die Frage Lechers betrifft,
ob die Regierung ein Programm habe und bereit sei, mit demselben zu
stehen und zu fallen, erkläre ich: Es wird von diesem Platze aus niemals
etwas vertreten, was des Vaterlandes (Oesterreich) nicht würdig ist und
dessen Interessen widerstreitet. Was unsere wirtschaftlichen Beziehungen
zu Ungarn betrifft, so hält die Regierung ohne jeden Vorbehalt an den
Abmachungen und Vereinbarungen fest, welche seit längerer Zeit dem
Hause zur Beschlußfassung vorliegen. Was immer die Zukunft bringen
mag, das Haus wird die Regierung stets zu rechtzeitigem und energischem