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§ 8. Jeder Kranke muß in reinlichem Zustande eingeliefert werden.
Ob und welche Gegenstände derselbe bei seiner Einlieferung mitzubringen
hat, darüber steht im Einzelfalle dem Landarmenverbande die Bestimmung zu:
auch kann letzterer von dem ausstattungspflichtigen Ortsarmenverbande anstatt
bestimmter Ausstattungsstücke die Zahlung eines bestimmten Geldbetrages ver-
langen. Doch darf der Wert der Ausstattung und die an Stelle derselben zu
zahlende Geldsumme den Betrag von 150 Mark nicht überschreiten.
§ 9. Die Einlieferung darf, abgesehen von dringenden Fällen, nur an
Wochentagen in den Geschäftsstunden der betreffenden Anstalt erfolgen und muß
vorher der Anstaltsleitung angezeigt werden.
§ 10. Von der Aufnahme eines Kranken in eine Anstalt ist seitens des
Landarmenverbandes dem Kreise und, soweit es vorgeschrieben ist, dem zu-
ständigen Staatsanwalt Kenntnis zu geben.
Behandlung und Beschäftigung der Kranken.
§ 11. Für die Kranken in den Anstalten des Landarmenverbandes gelten
folgende Grundsätze:
1. Die Behandlung und Beschäftigung der Kranken ist so zu gestalten, daß
die Kranken körperlich gekräftigt, geistig erweckt und womöglich zur Erwerbs-
fähigkeit herangebildet werden;
2. nach Anordnung des Anstaltsleiters und, wenn dieser kein Arzt ist, nur
unter Zustimmung des Anstaltsarztes, können körperliche Zwangsmittel ange-
wendet werden;
3. eine Beurlaubung der Kranken durch den Anstaltsleiter ist, wenn letzterer
nicht selbst Arzt ist, nur mit Zustimmung des Anstaltsarztes dann zulässig,
wenn feststeht, daß für die Kranken außerhalb der Anstalt genügend gesorgt ist.
Für die in anderen Anstalten (§ 1b und c) untergebrachten Kranken sind
die Statuten und Reglements dieser Anstalten maßgebend.
§ 12. Der Ertrag der Arbeit eines Kranken gehört der Anstalt, in welcher
er untergebracht ist.
§ 13. Solange ein Kranker nicht ordnungsmäßig entlassen ist, kann er
gezwungen werden, in der Anstalt zu bleiben und, im Falle seiner Entweichung,
dorthin zurückgebracht werden.
§ 14. Dem Landarmenverbande steht das Recht zu, einen Kranken, wenn
es sich als notwendig oder zweckmäßig herausstellt, nach einer anderen Amalt
zu überführen.
Entlassung.
§ 15. Die Entlassung eines Kranken erfolgt auf Anordnung des Land-
armenverbandes. Derselbe ist jedoch berechligt, diese Befugnis allgemein oder
in gewissem Umfange auf die betreffende Anstaltsdirektion zu übertragen.
Die Entlafsung muß erfolgen, wenn der Kranke oder dessen gesetzlicher
Vertreter sie im Einverständnis mit dem unterstützungspflichtigen Ortsarmen-
verbande verlangt und die Ortspolizeibehörde nicht widerspricht. Fehlt das
Einverständnis des Ortsarmenverbandes, so kann die Entlassung von dem Nach-
weise abhängig gemacht werden, daß für den Pflegling anderweitig gesorgt
werden wird. Die Würdigung dieses Nachweises steht dem Landarmen-
verbande zu.
Die Entlassung kann außerdem stets dann erfolgen, wenn die Anstalts-
pflege nicht ferner erforderlich ist oder sonst die Bedingungen der Aufnahme
nicht mehr vorliegen.