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wig nicht verhindern, und nicht auf die Demonstranten schießen
sollten.
Bismarck: „Ich bin anderer Meinung und möchte der-
artige Demonstrationen am liebsten unterdrückt wissen, weil
sie unpassend und ungesetzlich sind; ich finde es schlimm genug,
daß die Bundeskommissare sie in Holstein duldeten.“
Nachdem der König diese Anschauung nachdrücklich zurück-
gewiesen hatte, erklärte Bismarck: „Preußen hat ebensoviel
Recht wie der Erbprinz von Augustenburg auf Schleswig:;
ich will nichts für die Augustenburger tun, sondern nur für
Preußen erobern.“
Hiergegen erhob König Wilhelm ernsten Widerspruch
und verbat sich, daß Bismarck derartige Reden außerhalb
des Sitzungssaales führe. Man beschloß, stillschweigend am
Londoner Vertrag festzuhalten, Schleswig zu besetzen, und
zwar, wenn der Bund den Antrag der beiden Großmächte
vom 28. Dezember verwerfe, durch selbständiges Vorgehen
mit Oesterreich; gegebenen Falles sollte Preußen auf eine
Konferenz eingehen.“)
*) Samwer vermutet, es beziehe sich auf diese Mini-
ster-Konseilsitzung die von Moritz Busch (Unser Reichskanzler I.
S. 401) berichtete Aeußerung Bismarck's aus dem Jahre 1877:
„Wir hatten damals eine Staatsratssitzung, wo ich eine der längsten
Reden hielt, die ich je abgeschossen habe, und vieles sagte, was
den Zuhörern unerhört und unmöglich vorgekommen sein muh.
Nach ihren erstaunten Mienen zu urteilen, dachten sie offenbar,
ich hätte zu stark gefrühstückt. Costenoble führte das Protokoll,
und wie ich mir das nachher ansah, fand ich, daß die Stellen.
wo ich am deutlichsten und eindringlichsten geworden war, weg-
gelassen worden waren. Sie enthielten gerade meine besten
Gründe. Ich machte ihn darauf aufmerksam und beschwerte mich
darüber. Ja, sagte er, das wäre richtig; er hätte aber ge-
meint, daß mir's lieb sein würde, wenn das wegbliebe. Ich er-
widerte: „Ganz und gar nicht. Ich bestehe darauf, daß es
so, wie ich es gesagt habe, hineinkommt.“
v. Poschinger „Also sprach Bismarck“, Band I. 7