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Trennung Schleswig-Holsteins von Dänemark und die Ver—
einigung der Herzogtümer zu einem Ganzen unter einem eigenen,
von einem größeren deutschen Staate protegierten Landesherrn
oder als Teil eines mächtigen deutschen Staates gefordert
wurde, äußerte Kleist Bedenken gegen diesen Schritt, weil
er eine Sprengung des Einverständnisses mit Oesterreich darin
erblickte.
Bismarck erwiderte Kleist: „Es liegt mir gänzlich fern,
diese Eintracht mit Oesterreich wegen irgend einer Modalität
des Erfolges zu opfern, wenn nur der Erfolg überhaupt einer
ist, der sich sehen lassen kamnn. Das aber halte ich uner-
läßlich. Ich bin darüber auch mit dem König einig. Wenn
du selbst die Adresse nicht zeichnest, so ist mir das insoweit
lieber, als jedermann unsere nahen und politischen Beziehungen
kennt und der ganze Vorteil der Sache verloren geht, wenn
sie als Regierungsprodukt auftritt.“ Zugleich gab Bismarck
Kleist-Retzow Einblick in ein Schreiben an Below über dieselbe
Sache, in dem er von der Adresse sagte, sie griffe mit nützlichem
Drucke in die diplomatische Lage ein.
Berlin, den 19. Mai 1864.
Unterredung mit dem Geh. Regierungsrat
Max TDunker zur Orientierung des Kron-
prinzen über die Ziele der preußischen
Politik in der Herzogtümerfrage.“)
Bismarck hatte den Berater des Kronprinzen zu sich ins
Auswärtige Ministerium beschieden. Die preußische Politik —
begann Bismarck, sei in ein sehr wichtiges Stadium getreten.
„Da es sich dabei um die Interessen des Königlichen Hauses
und des Staates handelt, dem der Kronprinz am nächsten
") Haym „Leben Mar# Dunckers S. 339—344.