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gestellt, — im Ganzen 31 an der Zahl —, welche unterm
26. Oktober als „Jungermanns Antrag die Stockungen in Ge-
setzgebung und Verwaltung betreffend“ eingebracht worden
waren und geraume Zeit viel von sich reden machten. Bismarck
hatte, als die eineinhalbstündige Unterredung mit Dr. Oetker
begann, einen Abdruck des Jungermannschen Antrages zur Hand
und fragte, was denn eigentlich Wichtiges darin wäre. —
„Um solcher Dinge wegen kann man doch den Kurfürsten nicht
absetzen, ich lese da Baupläne, Brückenwage, Denkmünzen,
Stempel, — ja, glauben denn die Herren, daß Preußen etwa
einrücken soll, weil die Stempel nicht fertig werden?“
Dr. Oetker suchte Bismarck die hessischen Beschwerde-
punkte in ein möglichst gutes Licht zu rücken; aber seine
Bemühungen verfingen wenig, und er konnte bald zur Ge-
nüge erkennen, daß Bismarck die Kasseler Vorgänge nicht an-
geregt hatte, was er übrigens auch augsdrücklich versicherte.
Von der Thronfolgerfrage wollte er vollends nichts wissen.
„Der Landgraf Wilhelm' ist ja entschieden antipreußisch. Auch
kann man dergleichen nicht so bei heiterem Himmel be-
handeln. In dem braunschweigischen Falle, von dem oft
geredet wird, hat eine vollendete Tatsache vorgelegen; das
ist etwas anderes. Es könnten ja allerdings Ereignisse ein-
treten und die Sachlage ändern; dann wird aber das Ziel
auch ohne ständischen Antrag zu erreichen sein.“
Dr. Oetker suchte durch eine Zwischenbemerkung zu er-
fahren, was Bismarck sich unter dem „Ziele“ vorstellte.
„Sollten nicht die allgemeinen deutschen Verhältnisse in Hessen
wieder einen Mittel= und Angelpunkt finden können?“ meinte
er. Da zogen denn wahre Gedankengewitter über das Gesicht
Bismarcks. Aller Scherz über die Denkmünzenstempel war
verschwunden; schweigend griff er bald zur Bleifeder, bald zur
Papierschere. „So wie 1850 gehen wir aus Hessen nicht
*) Der Vater des mutmaßlichen Thronfolgers.