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viel zu fürchten, da ich Oesterreich für einige Zeit zu be-
schäftigen gedenke ..Was nun Preußen betrifft, so sieht
es sich in die schwierigste Situation von allen versetzt: wegen
seiner politischen und geographischen Lage hat es sich stets
von der orientalischen Frage ferne gehalten und nur seine
Stimme im Rate der Großmächte geltend gemacht. In die-
sem speziellen Falle aber müßte ich, als preußischer Minister-
präsident, gegen Sie stimmen, so schwer mir das auch fallen
würde, denn ich dürfte im gegenwärtigen Augenblick keinen
Bruch mit Rußland herbeiführen und unser Staatsinteresse
nicht zu Gunsten des Familieninteresses engagieren. Durch
eigenmähtiges Handeln von seiten Eurer Durchlaucht würde
der König aber aus der für ihn peinlichen Situation herausge-
langen, und ich bin überzeugt, daß er dieser Idee, die ich ihm
gerne mündlich mitteilen würde, wenn er mir die Ehre seines
Besuches schenken wollte, nicht abgeneigt sein würde, obwohl
er als Familienoberhaupt seine Zustimmung nicht geben dürfte.
— Sind Eure Durchlaucht einmal in Rumänien, so wird die
Frage bald gelöst sein, denn wenn Europa sich einem fait
accompli gegenüber sieht, werden die zunächst beteiligten
Mächte zwar protestieren, aber ein Protest steht auf dem
Papier und die Tatsache wird nicht mehr rückgängig zu
machen sein.“
Den Einwand des Prinzen, daß Rußland und die Pforte
offensiv auftreten könnten, ließ Bismarck nicht gelten. „Aus
Gewaltmaßregeln würden namentlich für Rußland die schwer-
sten Folgen entstehen können. Ich würde aber Eurer Durch-
laucht raten, vor Ihrer Abreise dem Kaiser von Rußland einen
eigenhändigen Brief zu schreiben, in welchem Sie aussprächen,
daß Sie in Rußland Ihren mächtigen Beschützer sähen und
daß Sie mit Rußland dereinst die orientalische Frage lösen
zu können hofften. — Auch ließe eine Familienverbindung.