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jener Zeit geglaubt habe, daß die freundschaftlichen Gesinnungen
an maßgebender Stelle erschüttert sind, so haben sich doch
Einflüsse Bahn gebrochen, die Preußen nicht freundschaftlich
gesonnen sind; diese Richtung hat namentlich ihren Einfluß
auf die Presse ausgedehnt und in derselben Ausdruck ge-
funden.
Ich will nicht behaupten, daß jene Auslassungen und
Beleuchtungen der Presse von maßgebender Stelle direkt aus-
gegangen sind, aber doch von einflußreicher untergeordneter
Stelle ist ein solcher Einfluß geübt worden. Dies kann leicht
bewiesen werden. Einen öffentlichen Beweis finde ich in den
wiederholten Veröffentlichungen des entstellten Inhalts ver-
traulicher Depeschen durch dieses oder jenes Werkzeug der
Presse.
Das Berliner Kabinett hat, als es den hiesigen Ver-
treter Oesterreichs auf diese Uebelstände wiederholt aufmerk-
sam gemacht hat, keinen Anklang gefunden, so daß man
gewissermaßen alles dasjenige, was man bis dahin unter-
geordneten Personen zugeschrieben hatte, den Regierungsvor-
ständen hat zur Last legen müssen. Das Ver-
trauen, welches man bis dahin zu den maßgebenden
Personen gehabt hat, ist dadurch tief erschüttert wor-
den und somit ist die fortgesetzte feindliche Haltung
der offiziösen österreichischen Presse die Hauptursache der
bis beinahe zum Bruche gesteigerten Spannung geworden.
Das Vertrauen ist aber eine Notwendigkeit für eine intime
Allianz, und der Wegfall desselben hat in der Depesche vom
26. Januar d. J.“) Ausdruck gefunden. Man hat dem tieferen
Sinne dieser Depesche in Wien entweder keine Wichtigkeit
beigelegt, oder ihn nicht verstehen wollen, und ich bin erst
später, als die intimen Beziehungen zu einander aufgehört
hatten, von dem Grafen Karolye gefragt worden, wie man
*) Sybel, a. a. O. Bd. IV S. 56.