Full text: Also sprach Bismarck. Band I. 1846 - 1870. (1)

— 189 — 
Berlin, den 18. Mai 1866. 
Unterredung (die letzte vor dem Bruch) 
mit dem Appelationsgerichtspräsidenten 
Ludwig von Gerlach, betr. die Differenz- 
punkte zwischen beiden.) 
Bismarck, der Gerlach im töte-à-töte, abends 11 Uhr, 
sprach, leugnete alles aggressive Verhalten gegen Oesterreich, 
sprach von Oesterreichs aus einem Erxtrem ins andere sprin- 
gender, unbesonnener Wut, leugnete alle Bundeskompetenz 
für schleswig-holsteinische Verhandlungen, beteuerte, daß er 
kein Tollkopf sei, der das Land in Krieg verwickeln wolle; 
er müsse aber selbständig nach eigener Einsicht ohne Einfluß 
anderer'handeln; usw. Gerlach vermied Streit über die Haupt- 
sache als doch jedenfalls vergeblich, setzte aber wegen seiner 
allgemein angenommenen Quasi-Identität mit der Kreuz- 
zeitung seinen Beruf auseinander, nicht zu schweigen zu ihren 
Ungerechtigkeiten, Drohungen und Hetzereien und zu denen 
der mit ihr Hand in Hand gehenden offiziellen und halb- 
  
Ludwig von Gerlach seine Szenen mit Bismarck. Thile: „Wo llen 
Sie kein deutsches Land an Frankreich abtreten?“ Bismarck: 
„Keinen Zoll breit.“ Thile: „Wollen Sie keine französische Alli- 
anz gegen den deutschen Bund oder gegen Oesterreich?“ Bismarck: 
„Herr, wie können Sie mich so ad articulos ausfragen?“ Ferner: 
vor etwa vierzehn Tagen Bismarck gegen Thile: das sei Preu- 
hens Verderben und die Ursache der Kleinstaaterei, daß jeder 
seinen eigenen Kopf haben, niemand seinem Führer und Chef 
folgen wolle. Ludwig v. Gerlachs Aufzeichnungen, Bd. II, S. 289. 
*) Aufzeichnungen Ludwig von Gerlach Bd. II S. 291. 
Am Abend des 7. Mai (Nr. vom 8. Mai) erschien in der „Kreuz- 
zeilung“ eine Erklärung Ludwig von Gerlachs „Krieg und 
Bundesreform“, die als ein Bismarck hingeworfener Fehdehand- 
schuh bezeichnet werden konnte. Ein Brief von Beutner d. d. 
12. Mai 1866 enthält folgende Stelle: „Herr von Bismarck hat 
mich ersucht, Ihnen mitzuteilen, daß Ihr neulicher Aufsatz ihn 
schwer gekränkt und schwerer verletzt habe als das Attentat von 
demselben-Tage; Sie hätten ihm, meint er, privatim sagen sollen, 
was Sie ihm zu sagen hatten.“
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.