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Main die Grenze für die preußischen Bestrebungen zu bilden
hat, daß Süddeutschland freie Hand behält, und Oesterreich
nach eigenem Ermessen sich mit demselben in Verbindung
setzen mag, alles dies jedoch unter der einen Bedingung, daß
jede Intervention oder Mediation von Frankreich beim Frie-
densschlusse ausgeschlossen bleibt.“
Der Bürgermeister Dr. GEiskra erklärte, Bismarcks
Wunsche nicht entsprechen zu können, da ihm seine Pflichten
als Bürgermeister bei der Besetzung der Stadt durch den
Feind und bei dem Grassieren der Cholera in derselben eine
Entfernung unmöglich machten; er schlug aber vor, den
Handelskammer-Präsidenten Baron Herring mit dieser Mis-
sion zu betrauen, was auch angenommen wurde.“)
Brünn, den 16. Juli 1866.
Unterredung mit Albrecht von Stosch. be-
treffend die politische Lage.“)
Stosch war zwischen 11 und 12 Uhr vormittags zu
Bismarck gekommen, um im Auftrage des Kronprinzen Aus-
kunft über die Gestaltung der Dinge zu. erhalten.
Nach einer Stunde wurde er empfangen; Bismarck war
im Schlafrock, aber unendlich höflich und liebenswürdig, als
er hörte, für wen Stosch kam. Zuerst erging er sich weit-
*) Die leitenden Kreise in Wien verhielten sich den von
Baron Herring üÜberbrachten Vorschlägen gegenüber skeptisch. Als
er von Wien nach Nikolsburg kam, erhielt er angeblich die Ant-
wert: „Sie sind um eine Stunde zu spät gekommen; eine Stunde
srüher würden die Verhandlungen einen anderen Gang genommen
haben, wir können im Augenblick die Intervention Frankreichs
nicht mehr ablehnen, weil dieselbe angenommen worden ist.“
Beust bezweifelt im II. Bd. seiner Memoiren S. 452 die Glaub-
würdigkeit dieser Darstellung.
*“) Ulrich von Stosch, „Denkwürdigkeiten“ des Generals und
Admirals Albrecht von Stosch. S. 102. Aeußerung Bismarcks
in Nikolsburg am 18. Juli 1866 gegenüber Keudell s. Hesekiel,
das Buch vom Grafen Bismarck.