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lassen. Wir müssen vielmehr die Möglichkeit, uns mit dem
heutigen Gegner wieder zu befreunden, wahren und jedenfalls
den österreichischen Staat als einen Stein im europäischen
Schachbrett, die Erneuerung guter Beziehungen mit demselben
als einen Preußen offen zu haltenden Schachzug ansehen.
Wenn Oesterreich schwer geschädigt wird, wird es der Bundes-
genosse Frankreichs und jeden Gegners werden; es würde
selbst seine antirussischen Interessen der Revanche gegen Preußen
opfern.
Auf der anderen Seite kann ich mir keine für Preußen
annehmbare Zukunft der Länder, welche jetzt die österreichische
Monarchie bilden, für den Fall denken, daß letztere durch
ungarische und slavische Aufstände zerstört oder in dauernde
Abhängigkeit versetzt werden sollte. Was sollte an die Stelle
Europas gesetzt werden, welche der österreichische Staat von
Tirol bis zur Bukowina bisher ausfüllt? Neue Bildungen
auf dieser Fläche können nur dauernd revolutionärer Natur
sein. Deutsch-Oesterreich kann Preußen weder ganz, noch teil-
weise brauchen, durch Erwerbung von Landesteilen wie Oester-
reich-Schlesien oder Stücken von Böhmen kann es eine Kräf-
tigung nicht erfahren, eine Verschmelzung des deutschen Oester-
reichs mit Preußen würde nicht erfolgen, Wien ist als ein
Zubehör von Berlin aus nicht zu regieren.
Wenn der Krieg fortgesetzt werden wird, so wird Ungarn
der wahrscheinliche Kampfplatz. Die österreichische Armee, die,
wenn Preußen bei Prebßburg über die Donau gegangen, Wien
nicht wird halten können, wird schwerlich nach Süden aus-
weichen, wo sie zwischen die preußische und die italienische Armee
geraten und durch ihre Annäherung an Italien die gesunkene
und durch Louis Napoleon eingeschränkte Kampflust der
Italiener neu beleben würde. Sie wird vielmehr nach Osten
ausweichen und die Verteidigung in Ungarn fortsetzen, wenn
auch nur in der Hoffnung auf die in Aussicht stehende Ein-
mischung Frankreichs und die durch Frankreich vorbereitete