— 234 —
westlichen Prorinzen und mit den Herzogtümern im Norden
haben;: wir mußten den Saum der Nordsee haben. Wir
müssen es wagen, Hannover zu verdauen, aber schwer wird
es werden. Es hieß erst, wir wollten halb Hannover und
halb Sachsen haben — ich war dagegen. Ein beraubtes
Gemeinwesen bleibt immer unzufrieden; man muß das Ge-
meinwesen zusammenlassen, dann gewöhnt sich das Ganze an
das neue Regiment. Man mußte die südlichen Provinzen
Hannovers haben, wegen der Verbindung, das sind aber
gerade alte Provinzen; auch Bremen, Verden, das Land
Hadeln und Kehdingen sind alte Provinzen und auch diese
mußten wir der Nordsee wegen haben. Es blieb nach allen
Erwägungen nichts anderes übrig, als zuzugreifen. Ein König-
tum von 800.000 Einwohnern dort bestehen zu lassen, wäre
ein entsetzlicher Fehler gewesen.“
Bismarck fragte dann noch Hartmann nach seiner An-
sicht, ob Aufstände in Hannover zu erwarten wären. Hart-
mann war nicht der Ansicht; der Niedersachse habe weder
Geschick noch Neigung zu Aufständen. Das Einzige sei von
der Stadt Hannover zu befürchten, man müsse ihr Nahrung
geben durch Verkehr und sie durch eine Besatzung im Zaum
halten. Bismarck teilte diese Ansicht.
Prag, den 3. August 1866.
Unterredung mit dem früheren badischen
Minister von Roggenbach.“)
Bismarck, der Roggenbach nach Mähren berufen hatte,
setzte demselben die Gründe auseinander, die den
raschen Abschluß des Friedens herbeigeführt hatten, maß-
gebend sei dabei weniger die Gefährdung des Siegespreises
durch Frankreich, als die Sorge vor den Verheerungen der
Cholera auf dem stark durchseuchten Kriegsschauplatz.
*) Karl Samwer, Zur Erinnerung an Roggenbach. S. 112 f.