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demnität vorkam, vermied Kleist eine Begrüßung Bismarcks,
stellte sich aber so im Weißen Saale, so daß dieser ihn sehen
konnte. Der feierliche Akt ging vorüber. Die beiden Jugend-
freunde warteten, bis alles hinausgegangen war. Dann kam
Bismarck auf Kleist zu und fragte, mit Mühe den freund-
schaftlichen Ton wahrend: „Aber du alter Junge, woher
hattest du denn die Thronrede?“
Kleist: „Das werde ich dir nicht sagen.“
Bismarck: „Darin verstehe ich keinen Spaß; ich werde
dir sonst mit dem Staatsanwalt kommen müssen.“
Kleist: „Ja, du kannst mich auch einsperren lassen, aber
erfahren wirst du es doch nicht.“
Grollend drehte sich Bismarck um und ging. Kleist
tat dasselbe. Als sich Bismarck zu Hause umkleidete, schickte
er sein Faktotum Engel zu Kleist und ließ ihn zu sich bitten.
Dort traf dieser Graf Robert v. d. Goltz und Savigny. Bis-
marck hatte das Gleichgewicht wieder gewonnen, ging freundlich
auf den Ankommenden zu, schüttelte ihm die Hand und sagte:
„Es ist alles vergessen, der indiskrete Minister hat im Konseil
gebeichtet. Ich vermutete, es sei Wagener gewesen.“ Dann
erzählte er Goltz und Savigny, daß er auf das Wort Indem-
nität hin mit dem Kronprinzen Frieden geschlossen habe.
Berlin, den 7. August 1866.
Unterredung mit dem Grasen Münster, be-
treffend die politische Gestaltung Hanu-
novers. )
Münster eröffnete die Unterredung damit, daß er Bis-
marck erklärte, er komme durchaus nicht im Auftrage des Kö-
nigs von Hannover, habe durchaus keine politische Mission und
habe sich in Berlin nur eingefunden, um sich über die Zu-
*) Münster, Mein Anteil an den Ereignissen des Jahres 1866
in Hannover.