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Berlin im August 1867.
Unterredung mit dem Gesandten der Ber-
einigten Staaten George Bancroft, betr.
Unglaube und Atheismus.“)
Im Laufe der Unterhaltung, die sich um die bevor-
stehenden Wahlen zum Norddeutschen Reichstag drehte, sagte
Bancroft, in den Vereinigten Staaten wäre die Achtung vor
der christlichen Religion so groß, daß ein Kandidat, der sich
grundsätzlich dagegen erklärte, er müßte denn zufällig ein
Jude sein, niemals gewählt werden könnte.
Bismarck: „Ich bedauere, gleiches nicht von den Ver-
hältnissen in Deutschland sagen zu können; hier gibt es
Bezirke, woselbst das Bekenntnis des Atheismus die politischen
Aussichten eines Kandidaten in keiner Hinsicht beeinträchtigen
würde.“ „Dann verbreitete er sich ausführlicher über Un-
glauben und Atheismus als eine Folge laxer Gedankentätig-
keit, die reiferes Nachdenken und ernsteres Studium sicher besei-
tigen würden. „Als ich von der Universität kam, war ich
Atheist und Republikaner.““)
) The Life and Letters of George Bancroft. Verlag
von Charles Seribners Sons.
*#) Auf einem Ball in der englischen Botschaft kam Bancroft
mit Bismarck in ein Gespräch. Der Kanzler war bei guter Lann:
und plauderte: „Haben Sie jemals so große Esser gesehen wie
diese Hohenzollern? Ich war heute zu Tisch bei Prinz Karl,
und er hatte ausgezeichneten Appetit. Und jetzt geht's zum Sonper,
wo er sich zwei große Scheiben Schinken geben läßt, die er mit
dem größten Behagen verzehrt; er verlangt dann mehr davon,
bis er allein fast die Hälfte des ganzen Schinkens aufgegessen
hat. In diesem Augenblick kommt ein Lakai, den er persönlich
kennt, heran und sagt: Hier ist ein delikater Salat, von der
Hand meiner Frau, deren Kunstwerk Sie zu probieren geruhen
mögen, und wahrhaftig, der Prinz fällt auch über den Salat
her. — Ueber den Empfang, den Bismarck Karl Schurz bei dessen
Anwesenheit in Berlin (1867) zuteil werden ließ, berichtete
Bancroft: „Anstatt ihn zu hänseln, empfing Bismarck seinen