Full text: Also sprach Bismarck. Band I. 1846 - 1870. (1)

— 293 — 
Berlin im August 1867. 
Unterredung mit dem Gesandten der Ber- 
einigten Staaten George Bancroft, betr. 
Unglaube und Atheismus.“) 
Im Laufe der Unterhaltung, die sich um die bevor- 
stehenden Wahlen zum Norddeutschen Reichstag drehte, sagte 
Bancroft, in den Vereinigten Staaten wäre die Achtung vor 
der christlichen Religion so groß, daß ein Kandidat, der sich 
grundsätzlich dagegen erklärte, er müßte denn zufällig ein 
Jude sein, niemals gewählt werden könnte. 
Bismarck: „Ich bedauere, gleiches nicht von den Ver- 
hältnissen in Deutschland sagen zu können; hier gibt es 
Bezirke, woselbst das Bekenntnis des Atheismus die politischen 
Aussichten eines Kandidaten in keiner Hinsicht beeinträchtigen 
würde.“ „Dann verbreitete er sich ausführlicher über Un- 
glauben und Atheismus als eine Folge laxer Gedankentätig- 
keit, die reiferes Nachdenken und ernsteres Studium sicher besei- 
tigen würden. „Als ich von der Universität kam, war ich 
Atheist und Republikaner.““) 
) The Life and Letters of George Bancroft. Verlag 
von Charles Seribners Sons. 
*#) Auf einem Ball in der englischen Botschaft kam Bancroft 
mit Bismarck in ein Gespräch. Der Kanzler war bei guter Lann: 
und plauderte: „Haben Sie jemals so große Esser gesehen wie 
diese Hohenzollern? Ich war heute zu Tisch bei Prinz Karl, 
und er hatte ausgezeichneten Appetit. Und jetzt geht's zum Sonper, 
wo er sich zwei große Scheiben Schinken geben läßt, die er mit 
dem größten Behagen verzehrt; er verlangt dann mehr davon, 
bis er allein fast die Hälfte des ganzen Schinkens aufgegessen 
hat. In diesem Augenblick kommt ein Lakai, den er persönlich 
kennt, heran und sagt: Hier ist ein delikater Salat, von der 
Hand meiner Frau, deren Kunstwerk Sie zu probieren geruhen 
mögen, und wahrhaftig, der Prinz fällt auch über den Salat 
her. — Ueber den Empfang, den Bismarck Karl Schurz bei dessen 
Anwesenheit in Berlin (1867) zuteil werden ließ, berichtete 
Bancroft: „Anstatt ihn zu hänseln, empfing Bismarck seinen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.