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auch der Süden schließlich in die volle Gemeinschaft des bis
jetzt auf Norddeutschland beschränkten Bundes eintritt; es
ist aber dieses letzten Erfolges gewiß, auch ohne zu drängen,
es wünscht der Bevölkerung Süddeutschlands alle Freiheit
zu lassen, die Annäherung in der von ihr selbst gewünschten
Art und Zeitfolge zu suchen; der Norden wird bei jedem auf-
richtigen Schritt vorwärts stets die ihm freiwillig dargereichte
Hand ergreifen, auf dem mit Sicherheit dahin führenden Weg
mit jedem Schritt näher zum Ziel zufrieden sein, bis zu einem
weiteren von selbst wieder die Zeit kommt. Ich betrachte den
gegenwärtigen Zustand als annehmbare Waartestation, nicht
als Ziel; durch die Bündnisverträge besitzen wir Sicherheit
gegen fremde Einmischung, durch den Zollverein die Befrie-
dignung der materiellen Interessen. Die am 22. August 1866
mit den süddeutschen Staaten abgeschlossenen Schutz= und
Trutz-Bündnisse sind der Boden, auf dem das Verhältnis der
deutschen Staaten des Nordens und Südens zur Zeit beruht.
Weil diese Verträge das Wesentlichste über das Zusammen-
stehen der deutschen Staaten im Falle äußerer Bedrohung ent-
halten, kann Norddeutschland auf dieser Zwischenstation die
weitere Entwicklung abwarten; weil ein festes politisches Band
besteht, hat der Zollverein erneuert und erweitert werden
können. Ob nach dem Nikolsburger Vertrag der Eintritt von
ganz Süddeutschland oder eines Teiles desselben in den nord-
deutschen Bund möglich war, das ist eine Doktor-Frage.
Wenn die vier Südstaaten sich morgen zum Eintritt in den
Norddeutschen Bund melden, oder nur drei, oder zwei, so
wird der Bundeskanzler die Türe nicht verschließen, trotz Ni-
kolsburg, Prag und dem französischen Lärm. Dagegen wird
dem Einigungszweck mehr Schaden als Nutzen bereitet, wenn
Bayern, das augenblicklich den Eintritt in den Norddeutschen
Bund nicht will, durch isolierte Schritte der drei anderen
süddeutschen Staaten isoliert und in die Versuchung gesetzt
wird, Anschluß an Oesterreich und mit diesem an Frankreich