— 307 —
alles in Studien über die Organisation des Südbundes ver-
tieft zu sehen.
Das Verlangen, das der Minister Mathy schriftlich an
mich in betreff einer Zusicherung der Aufnahme Badens in den
norddeutschen Bund gerichtet hat, kann ich gleichfalls nicht
erfüllen. Das ist nicht. Der Zollverein hat bis zur jetzigen
Ausbildung 30 Jahre gebraucht; die deutsche Frage auf so-
lider Grundlage begonnen und dem Verlangen der Nation
näher liegend, wird im Zeitalter der Telegraphen und Eisen-
bahnen vielleicht nur einen kleinen Teil jenes Zeitraumes
bedürfen, und wenn ich es erlebe, daß in wenigen Jahren
der Ausbau gelingt, werde ich Gott auf den Knieen
danken. Es können Fälle eintreten, in denen die Lösung
vielleicht über Nacht sich einstellt, aber bis dahin führt es
zu nichts, immer vorwärts zu drängen und mit zu großer
Schärfe Ziele zu bezeichnen, welche den mächtigsten süddeut-
schen Staat in entgegengesetzte Bahnen treiben müssen. Es
scheint viel rätlicher, mit Ruhe und Vertrauen die nationale
Entwicklung abzuwarten und nur in den zur Entscheidung wich-
tigen Augenblicken und an den gehörigen Orten das Ge-
wicht geläuterter Anschauungen in die Wagschale zu legen.“
und beleidigende Angriffe unsererseits könne er die Regierung
nicht weiterführen. Forckenbeck erst allein und nachher wir beide
haben ihm übrigens geradezu erklärt, daß er im Auswärtigen
Amt zurzeit nicht zu ersetzen sei. Weil dies auch unsere ernst-
hafte Meinung ist und wir gar nicht daran denken, uns in eine
unhaltbare Position hineinzubegeben, haben wir uns auch die
äußerste Mühe gegeben, diesen neuen Konflikt totzumachen. Zur
Kompensation haben wir nun aber entschieden verlangt, daß mit
dem widerwärtigen Grafen Lippe ein Ende gemacht werde.“ Herm.
Onken: Rud. v. Bennigsen, Bd. II, S. 122.
*“) Gemeint ist vielleicht der badische Gesandte in Berlin,
Freiherr von Türkheim, mit welchem Bismarck am 1. Dezember
über das Projekt des Südbundes sprach, ef. die „Denkwürdigkeiten
des Fürsten Hohenlohe“.
20