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eigenmächtige Ueberschreiten seiner Machtbefugnis. Der König
selbst schreckte vor einem derartigen Verfassungsbruch zurück,
ja, er fürchtete eine neue Revolution, die ihm und seinem
Minister den Kopf kosten konnte. Diese Befürchtung hätte
sich leicht erfüllen können, wenn man im Kriege mit Oesterreich
unterlegen wäre. Da hatte Bismarck, wie er sich ausdrückte,
„verzweifelt die Sporen gebraucht, damit der edle alte Renner
das Hindernis nahm und die Sache wagte.“
Bismarck kam dann auch auf den Krieg gegen Oesterreich
und enthüllte Schurz mancherlei von den diplomatischen Knif-
fen, durch die er herbeigeführt wurde. Dann kam er auf die
Schlacht bei Königgrätz zu sprechen, besonders auf den „ban-
gen Augenblick“ vor dem Eintreffen des Kronprinzen im
Rücken der Oesterreicher. Einige Angriffsbewegungen der
Preußen waren zurückgeschlagen und unter den Truppen wur-
den Zeichen von Unordnung bemerkbar. „Es war ein banger
Augenblick, ein Augenblick, von dessen Entscheidung das Schick-
sal des Reiches abhing. Was wäre aus uns geworden,
wenn wir diese Schlacht verloren hätten? In wüstem Durch-
einander zogen mehrere Schwadronen Kavallerie, Husaren,
Dragoner und Ulanen an der Stelle vorbei, wo der König,
Moltke und ich selbst standen. Wir rechneten aus, daß der Kron-
prinz längst im Rücken der Oesterreicher hätte erscheinen können,
aber er erschien nicht. Die Sache wurde bedenklich, und ich gestehe
es, ich war sehr besorgt. Ich blickte auf Moltke, der unbe-
weglich auf seinem Pferde saß und durchaus nicht beun-
ruhigt von dem schien, was um ihn her vorging. Ich nahm
mir vor, ihn auf die Probe zu stellen, ob er innerlich wirklich
so ruhig war, wie er schien. Ich ritt auf ihn zu und fragte,
ob ich ihm eine Zigarre anbieten dürfe, da ich bemerkte, daß
er nicht rauchte. Er sagte, es würde ihm sehr lieb sein,
wenn ich eine übrig hätte. Ich bot ihm meine offene Zi-
garrentasche an, in welcher sich nur zwei Zigarren befanden,
eine sehr gute Havanna und eine minderwertige. Mollkke