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im Staate; zu deren Einführung sind meine Gehilfen im
Ministerium ganz unbrauchbar; es sind alte Leute, die weg-
zuschicken sich der König nicht entschließen kann, weil er an
die alten Gesichter so gewöhnt ist.“
Keyserling: „Kannst du die Sache nicht forcieren?“
Bismarck: „Das wohl, wenn ich z. B. den Abschied
einreichte und damit drohte, aber schließlich würde die Sache
bedenklich werden, und man muß schonen! — Die Franzosen
können Preußen nicht verzeihen, die erste Macht Europas ge-
worden zu sein, daher auch ihre ewigen Kriegsdrohungen;
es wird wohl auch einmal dazu kommen. Ich wünsche es
nicht; falls ich es gewünscht hätte, wäre es besser gewesen,
in der luxemburgischen Angelegenheit den Waffengang zu
unternehmen, da Frankreich damals weniger gerüstet war.
Das Leben von Millionen zu opfern, ist aber doch ein schwe-
rer Schritt; — es war mir bereits bei Königgrätz schrecklich,
alle die zerfetzten Menschen zu sehen, und dabei die ganze
Verantwortung zu tragen; darum will ich nur in dem Falle
den Krieg, wo notwendige AUrsachen ihn fordern, doch die
Franzosen lassen mir freilich keine Ruhe. Schließlich, wenn
wir auch siegen, wozu würde es führen? Wenn man auch
das Elsaß gewänne, müßte man es behaupten und die Fest-
ungen immer besetzt halten. Das wäre unmöglich, denn
schließlich würden die Franzosen wieder Bundesgenossen fin-
den, und dann könnte es schlimm werden.“ —
Keyserling: „Interessierst du dich nicht, da doch das
Zäsarentum in Frankreich in Europa den Frieden unmöglich
macht, für die Wiederherstellung der Republik in Frank-
reich?“
Bismarck: „Ja, aber die hat keinen Bestand.“
Das Gespräch wandte sich demnächst den Ostseeprovinzen
zu. Bismarck bemerkte, daß er in diesen Sachen höchst schonend
mit Rußland umgehe. „Der König sucht dem Kaiser soviel
Vertrauen als möglich einzuflößen, um von dieser Seite ge-