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bedenklichen Seiten hat — größere Dimensionen ange—
nommen hat, als bisher selbst dem Staatsministerium be-
wußt geworden ist.“
Berlin, Anfangs Mai 1869.
Unterredung mit dem Präsidenten des Ab-
geordnetenhauses Dr. v. Forckenbeck, betref-
fsend die Steuervorlagen im Reichstag.“)
Forckenbeck wurde — es war ein Sonntag — zwei Mal
von Bismarck empfangen, das erste Mal von 12 bis einein-
viertel Uhr, das zweite Mal — nachdem inzwischen eine
Sitzung des Staatsministeriums stattgefunden hatte — von
4 bis 5 Uhr. Die Unterredung war stellenweise heftig,
immer jedoch in den Grenzen der Häflichkeit.
Bismarck führte aus: „Die Lage der preußischen Fi-
nanzen ist viel schlimmer, als offiziell bekannt ist. Wir sind
fast österreichischen Zuständen nahe. v. d. Heydt hat mir
niemals die Wahrheit gesagt. Erst durch Umwege und Droh-
ungen habe ich diese Zustände erfahren.“ — Vor der Staats-
ministerialsitzung wollte Bismarck hauptsächlich den Rat
Forckenbecks darüber, ob durch ein nachträgliches Expossé diese
wahren Zustände dem Reichstage mitgeteilt werden sollten.
Nach der Sitzung bemühte sich Bismarck, von Forckenbeck
ein Versprechen zur Bewilligung zu erlangen. „Sie besitzen
den größten Einfluß. Sie müssen sich daran gewöhnen, die
Dinge vom ministeriellen Standpunkte anzusehen. Es ist die
Zeit vielleicht nahe, wo Sie und Ihre Leute auf den Minister-
bänken sitzen und ich von Varzin als Herrenhausmitglied
erscheine.“
*) Aus „Forckenbecks Briefen an seine Gemahlin“. M.
Philipxsohn „Deutsche Revue“, Februar-Heft 1899.