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haben würde. Die Befürchtung, den Krieg so große Dimen-
sionen annehmen zu sehen, die Rücksicht auf die Gefahren,
welchen die preußische Armee durch Cholera und Fieber aus-
gesetzt gewesen, haben mich veranlaßt, in Nikolsburg ent-
schieden auf Frieden zu dringen, selbst mit Anbieten meiner
Entlassung. Man glaubt immer, ich hätte damals nur in
Triumphen geschwommen, und ich kann Sie versichern, daß
ich nie eine schrecklichere Zeit durchgemacht habe. Alle im
Hauptauartier sahen mich wie einen Verräter an, und wenn
ich an den hohen Fenstern des Schlosses stand, so dachte ich
oft: „Tust du nicht am Ende besser, wenn du da hinunter-
springst?“ Ich habe oft im Konseil solche Szenen gehabt,
daß ich aufsprang, hinauslief, die Türe zuwarf, mich aufs
Bett legte und wie ein Schloßhund heulte.“
Von der Bundesverfassung sprechend, sagte Bismarck,
mit dem König von Sachsen hätte man einen Bundesvertrag
schließen können, das sei ein vernünftiger, gewissenhafter
Mann von deutscher Gesinnung. Mit dem König von Han-
nover sei dies nicht möglich gewesen, deshalb habe man Han-
nover annektieren müssen.
Schließlich fragte Hohenlohe Bismarck noch über sein
Projekt eines weiteren Bundes. Bismarck erklärte, auf Ver-
handlungen eingehen zu wollen, doch möchte Hohenlohe dies
direkt mit ihm tun. Auch möchte Hohenlohe ihm eigenhändig
schreiben, wie er ihm eigenhändig antworten werde. Natürlich
sollte dies nur eine vorläufige unverbindliche Korrespondenz
sein. —
Berlin, Ende Juni 1869.
Aeußerung über die Finanzreform im
norddeutschen Bunde und in Preußen.
Als am 22. Juni 1869 nach der abscheulichen Zer-
pflückung des Steuerbouquets der Reichstag geschlossen worden