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Berlin, Ende 1854.
Unterredung mit dem Prinzen von Preus-
sen, betreffend die Stellung zu den West-
mächten in der orientalischen Frage.')
Der Prinz von Preußen sprach Bismarck gegenüber den
Munsch aus, er solle dem Könige im westmächtlichen und
antirussischen Sinne zureden. „Sie sehn sich hier zwei
streitenden Systemen gegenüber, von denen das eine durch
Manteuffel, das andere, russenfreundliche, durch Gerlach und
den Grafen Münster in Petersburg vertreten ist. Sie kommen
von Frankfurt frisch hierher, sind von dem Könige gewisser-
maßen als Schiedsmann berufen. Ihre Meinung wird daher
den Ausschlag geben, und ich beschwöre Sie, sprechen Sie sich
so aus, wie es nicht nur die europäische Situation, sondern
auch ein richtiges Freundesinteresse für Rußland erfordert.
Rußland ruft ganz Europa gegen sich auf und wird schließ-
lich unterliegen. Alle diese prächtigen Truppen, alle unsere
Freunde, die vor Sebastopol dort geblieben sind, würden
noch leben, wenn wir richtig eingegriffen und Rußland zum
Frieden gezwungen hätten. Es wird damit enden, daß Ruß-
land, unser alter Freund und Bundesgenosse, vernichtet oder
in gefährlicher Weise geschädigt wird. Preußens von der
Vorsehung gegebene Aufgabe ist es, den Frieden diktatorisch
herbeizuführen und seinen Freund auch gegen seinen Willen
zu retten.“
Gerlach betreffend die politischen Verhältnisse in Oesterreich und
Rußland. „Denkwürdigkeiten“, Bd. II S. 210.
Berlin, 15. Sept. 1854, Unterredung mit dem Adjutanten
des Prinzen von Preußen, Grafen Goltz, betreffend die orien-
talische Frage a. a. O. S. 213; Königswusterhausen, 18. Sep-
tember 1854, Unterredung mit General v. Gerlach betreffend die
orientalische Frage. a. a. O. S. 214.
*) Bismarcks „Gedanken und Erinnerungen“, Bd. I S. 133 f.