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Baden-Baden, den 14. Juli 1861.
Unterredung mit dem Präsßidenten des Mi-
nisteriums des großh. badischen Hauses und
der auswärtigen Angelegenheiten Franz
von Roggenbach, betreffend die deutsche
Frage. )
Bismarck las Roggenbach die Denkschrift vor, welche er
für den König über die Zukunft Deutschlands ausgearbeitet
hatte.
Bismarck: „Ich freue mich, daß ich in manchen Punkten
mit Ihrer Auffassung übereinstimme. Ich will, daß Preußen
zunächst mit einzelnen Staaten Verträge schließe, durch die
neben dem bestehenden völkerrechtlichen Bunde Surrogate für
die fehlenden bundesstaatlichen Institutionen geschaffen werden,
vor allem ein Zollparlament. Für die weitere Entwicklung
des Bundesstaates nehme ich eine aus den beteiligten Re-
gierungen selbst delegierte Zentralbehörde und als Gegenge-
wicht gegen die Sonderbestrebungen der Einzelstaaten eine
nationale Vertretung des deutschen Volkes bei der Zentralbe-
hörde in Aussicht; die Zuständigkeit dieser Volksvertretung
sollte aber auf die Bestimmungen über die Wehrkraft des
Bundesstaates, die Zoll= und Handelsgesetzgebung und die
verwandten materiellen Interessen beschränkt sein. Die Re-
gierungsgewalt im Innern soll den Einzelstaaten nicht ver-
kümmert werden. Großes Gewicht lege ich auf den Gedanken,
daß dem Parlamente ein unverantwortliches Kollegium von
Regierungsbevollmächtigten als etwas „Unfaßbares“ gegen-
überstehe; es solle geheim gehalten bleiben, wer in dem
Kollegium etwas vereitelt, damit man niemanden zur Rechen-
schaft ziehen kann.“
*) Zur Erinnerung an Franz von Roggenbach, von Karl
Samwer, Wiesbaden. Verlag von F. J. Bergmann 1909, S. 50.