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bei der Erreichung eines besseren modus vivendi die Hand zu
reichen. „Wie Preußen aus diesem circulus vitiosus heraus-
kommen kann, erscheint mir unklar; bleibt aber alles beim
alten, so könnten immerhin in Deutschland Wirren entstehen,
welche auch für die Ruhe der übrigen Staaten bedenklich
werden könnten. Frankreich kann sich mit jeder Neuregelung
der Dinge in Deutschland befreunden, und es wird in der
Beseitigung der bisherigen Mißstände und in der Schaffung
einer neuen rationellen Organisation nur eine Bürgschaft für
die gute Entwicklung der Beziehungen mit seinen Nachbar-
ländern erblicken. Nur einem Eintritte Gesamt-Oesterreichs in
den deutschen Bund müßte sich Frankreich widersetzen, weil da-
durch eine Organisation von solcher Ausdehnung geschaffen
werden würde, daß das politische Gleichgewicht Europas ge-
stört erschiene. Für Frankreich strebe ich keine territorialen Er-
weiterungen an. Ich hoffe, daß man mir wenigstens in
Preußen solche ehrgeizige Pläne nicht zumutet, die sicher ein
Wiederaufleben der alten Koalition zur Folge haben würden.“
Bismarck: „Ich freue mich diese Worte aus dem Munde
Eurer Majestät zu hören. Frankreich erfüllt auch bei seinem
gegenwärtigen Territorialbestande alle Bedingungen einer
europäischen Großmacht und Eure Mazestät haben nicht nötig,
durch weitergehende Aspirationen das friedliche Verhältnis
zu Ihren Nachbarländern in Frage zu stellen.“
Paris, September 1862.
Unterredung mit dem französischen Minister
des Innern Herzog von Persigny, betreffend
Maßregeln zur Beseitigung des in Preußen
bestehenden Konflikts mit der Volks-
vertretung.-)
Während der Zeit, da Bismarck als preußischer Gesandter
in Paris fungierte, besuchte er Persigny. Beide kannten sich
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“) Memoires du Duc de bersigny, Paris 1896, S. 282