Full text: Also sprach Bismarck. Band II. 1870 - 1888. (2)

wenig Bedenken, da, wie der König sagte, sie nicht aus dem 
Straßenschmutz entstiegen; doch werde er die Kokarde nur 
neben der preußischen dulden, er verbat sich die Zumutung, 
von einem kaiserlichen Heere zu hören, die Marine aber möge 
kaiserlich genannt werden. 
Als der Kronprinz auf die Hausgeschichte hinwies, wie die 
Burggrafen zum Kurfürsten und dann zum König gestiegen 
seien, wie auch Friedrich I. ein Scheinkönigtum geübt und 
dasselbe doch so mächtig geworden sei, daß seinen Nachkommen 
jetzt die Kaiserwürde zufalle, bemerkte der König: „Mein 
Sohn ist mit ganzer Seele bei dem neuen Stand der Dinge, 
während ich mir nicht ein Haar breit draus mache und nur 
zu Preußen halte.“ 
Versailles, 18. Januar 1871. 
Unterredung mit dem Großherzog von Baden, 
betreffend die Bezeichnung des Kaisers nach Ver- 
lesung der Proklamation.“" 
Der Widerwillen, den der König am Tage zuvor gegen 
die Bezeichnung „Deutscher Kaiser"“ bekundet hatte, veranlaßte 
Bismarck, am Morgen vor der Feierlichkeit im Spiegelsaal 
des Versailler Schlosses den Großherzog von Baden auf- 
zusuchen, als den ersten der anwesenden Fürsten, der voraus- 
sichtlich bei der Proklamation das Wort nehmen würde. „Wie 
gedenken Sie den neuen Kaiser zu bezeichnen?“ 
Großherzog: „Als Kaiser von Deutschland, nach Befehl 
Sr. Majestät.“ 
Bismarck: „Es geht unmöglich an, daß das abschließende 
Hoch auf den Kaiser in dieser Form ausgebracht wird, da 
der künftige Text der Reichsverfassung bereits durch einen 
*) Bismarck „Gedanken und Erinnerungen“ Bd. II, S. 121.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.