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Berlin, Januar 1872.
Unterredung mit dem Leg.-Nat Professor Dr.
Aegidi, betreffend Mühlers Nachfolger.“
Als in betreff des Kultusministeriums nach Mühlers Ent-
lassung die Personenfrage ventiliert und ein Name nach dem
andern genannt wurde, machte Prof. Dr. Aegidi den Ver-
such, die Aufmerksamkeit des Kanzlers auf eine Persönlichkeit
zu lenken, die ihm im hohen Grade geeignet erschien, Mühlers
Nachfolger zu werden: Graf Keyserling, Kurator der Uni-
versität Dorpat, der kürzlich sein Amt niedergelegt hatte,
folglich verfügbar war.
Bismarck: „Der wäre allerdings der rechte Mann, wie
kein zweiter! Der könnte mich sogar mit dem Posten aus-
söhnen. Aber Aber?! Unfre Beziehungen zu Ruß-
land verwehren absolut, ihm in Preußen ein Portefeuille zu
bieten: er ist in Ungnade gefallen und deshalb aus dem
Dienst geschieden.““)
Eines Tages nannte Bismarck Aegidi den Namen Falk:;
ihm stünden allerdings antiliberale Veilletäten des Königs
entgegen. Da entdeckte Aegidi einen Artikel, worin Falk
wegen einer Rede heftig angegriffen wurde, worin er die
Reorganisation der Armee gerechtfertigt hatte. Er legte ihn
*) Nach Aegidis Erzählung in der „Deutschen Revue“,
XXIII. Jahrg., Bd. IV, S. 299.
") Am 11. Jänner 1872 unterhielt sich Bismarck mit den
drei Präsidenten des Abgeordnetenhauses und den Abgeordneten
Lasker und Hennig längere Zeit auf das unbefangenste darüber,
wie im Abgeordnetenhause, um dem Kultusminister Mühler den
Rest zu geben, eine Vereinigung verschiedener Parteien zu einer
Mißtrauenserklärung gegen denselben zu stande zu bringen sei.
Onken Rudolf Bennigsen, Bd. II. S. 236.