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nicht begreifen und dies verzögert unnötigerweise das Geschäft.
Ich erinnere mich, was mir Thiers über seine Beziehungen zu
Louis Philipp erzählte, der, nachdem er Thiers nachgegeben, zu
ihm im familiären Tone gesagt: „Das nenn ich einmal einen
Dickkopf, wenn einmal eine Sache dort Eingang gefunden
hat, so ist es nicht leicht, sie wieder herauszukriegen.“ Gerade
umgekehrt ist das Verhältnis zwischen mir und meinem Kaiser.
Ich habe die größte Mühe, seine vorhergefaßten Meinungen zu
beseitigen, es ist jedesmal eine förmliche Belagerung nötig, die
ich durchzumachen habe. Ich fange dieselbe an, indem ich mir
Alliierte sichere, indem ich Roon und Delbrück auf meine Seite
ziehe, dann beginne ich mit einem Laufgraben, und lasse dann
Paralellen folgen bis zu dem Moment, wo ich zum Sturme
schreiten kamnn. Soll ich ein Detail erzählen, welches sich
anläßlich der gegenwärtigen Verhandlungen zugetragen hat?
Ich sagte zum Kaiser: Majestät, Sie haben alle denkbaren
Garantien; wenn Sie also nunmehr räumen wollen, so kann
dies geschehen. Der Kaiser antwortete mir darauf mit Humor:
Ich weiß wohl, daß ich kann, wenn ich will; ich kann sogar augen-
blicklich alle unsere Truppen aus Frankreich zurückziehen. Unser
Vertrag hindert mich nicht daran. Gleichwohl denke ich nicht
daran. Auch hegt der Kaiser vorzugsweise jene Befürchtungen
über die Lage der Dinge in Frankreich, von denen ich Ihnen
bereits bei Gelegenheit unserer letzten Unterredung gesprochen
habe. Wenn Thiers sterben sollte. — so denkt der Kaiser —
was Gott verhüten möge — denn wir wünschen ihm herzlich
ein langes Leben — käme sofort Gambetta an die Macht und
14 Tage später hätten wir den Revanche-Krieg. Das ist
wenigstens die Ansicht meines Souverains, und ich will des-
halb nicht sagen, daß es deshalb auch die meinige ist.“
Gontaut: „Der Kaiser befindet sich in einem großen Irr-
tum; käme Gambetta an die Reihe, so können Sie sicher sein,
daß er keinen Krieg machen würde; er könnte ihn einfach nicht
machen; allerorts kehrt die Ordnung bei uns wieder ein. Die