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Kissingen, 13. Juli 1874.
Unterredung mit dem Attentäter Kullmann über
dessen Mordversuch und seine Beweggründe.“
Bismarck: „Woher kannten Sie mich?“
Kullmann: „Ich kannte Ihnen gar nicht.“
B.: „Wollten Sie mich erschießen?“
K.: „Ja“.
B.: „Warum haben Sie eigentlich auf mich geschossen?“
K.: „Wegen der Kirchengesetze in Deutschland.“
B.: „Worin sind Ihnen die Kirchengesetze hinderlich?
Wer sprach Ihnen davon?“
K.: „Unsere Partei.“
B.: „Welche ist das?“
K.: „Die Zentrumspartei.““)
B.: „Wann haben Sie zuletzt gebeichtet?"“ Auf weitere
Fragen, ob er nicht glaube, daß jeder rechtschaffene Katholik
*) Nach der amtlichen Aussage des Polizeichefs Weber,
einer Darstellung in der „Vossischen Zeitung“ Nr. 296 und 302
vom 18. und 25. Dezember 1874, der „Nordd. Allg. 3tg.“
Nr. 331 vom 19. Juli 1874. Am 13. Juli, gegen 3 Uhr
nachmittags hatte sich Bismarck in Begleitung des Grafen Pappen-
heim nach dem Kissinger Bezirksamt begeben, um den Mann
zu sehen, der die Mordwaffe gegen ihn erhoben hatte. Das
Zimmer, in dem er Kullmann fand, war nicht im Landgerichts-
gefängnis. welches keinen zum Empfange des Kanzlers geeigneten
Raum bot, sondern im Bezirksamtsgebäude, u. zw. im Geschäfts-
zimmer des Bezirksamtsmanns v. Röder. Es befanden sich darin
etwa 10 bis 15 Personen, darunter der Bezirksamtmann, der
Landrichter Debor und einige Polizeibeamte. Der Polizeirat
Weber und der Wachtmeister Engmann hatten Kullmann in die
Mitte genommen, und sie bewachten ihn während der etwa
10 Minuten währenden Unterredung.
*) Am 4. Dez. 1874 bemerkte Bismarck im Reichstag:
„Der Mann hat bei der einzigen Unterredung, welche ich mit ihm
gehabt habe, wo ich ihn fragte: Wenn Sie mich auch nicht