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Politik ganz unzuverlässig ist. Eine Verständigung mit Rom
auf der mir von Ihnen angedeuteten Basis ist mir will-
kommen. Ueber die weltliche Herrschaft des Papstes können
Sie mit dem französischen Minister der Auswärtigen An-
gelegenheiten sprechen. Warum ich gegen ein ultramontanes
Ministerium in Bayern bin? — Weil ich ein Einschreiten
gegen Bayern für nötig halte, wenn die Autorität des Reiches
gefährdet würde und weil eine solche Eventualität zu ver-
meiden ist.“.,
Berlin, 10. April 1875.
Unterredung mit dem Abgeordneten v. Ben-
nigsen, betreffend den Erlaß neuer Kirchen-
gesetze.“ «
Bismarck: „Ich habe Sie sprechen wollen, weil jetzt end-
lich mit den Ultramontanen Ernst gemacht werden soll, und
weil ich Ihnen über die nächsten Gesetze, die dem Abgeord-
netenhause vorgelegt werden sollen, etwas verraten will. Bei
Tisch war das nicht möglich, weil ich meine hübsche Nach-
barin, die Gräfin Karoly“") doch auch unterhalten musßte.
Der Kaiser hat das Ihnen noch heute zugehende Gesetz, be-
tressend die Aufhebung der Art. 15, 16 und 18 der Ver-
fassungsurkunde vom 31. Jan. 1850 gestern endlich unterzeichnet,
gereizt durch die unsinnige und unverschämte Erklärung sämt-
licher preußischer Bischöfe aus Fulda, welche gestern im
„Staatsanzeiger"“ veröffentlicht wurde.““) Den Entwurf wegen
*) Herm. Onken Rud. v. Bennigsen, Bd. II, S. 280.
»*) Die Gemahlin des österr.= ungarischen Botschafters in
Berlin.
* ) Gemeint ist wohl die am 9. April 1875 veröffentlichte
Antwort des preußischen Staatsministeriums im Auftrage des
Königs auf die Immediatsvorstellung der Fuldaer Bischofsver-
sammlung.