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aufzureiben ... Welche gesetzgeberische Maßregeln sind er—
forderlich, um den Einfluß des Kaplans zu brechen?“
Tiedemann: „Keine Gesetzgebung kann da etwas helfen,
so lange die ultramontanen Zeitungen unter dem Schutz des
Preßgesetzes schreiben können, was sie wollen.“
Bismarck: „Ja, das ist die Quittung auf unser törichtes
Preßgesetz, aber das sagen Sie Camphausen einmal, der
kann aus den niedergetretenen liberalen Schuhen nicht
heraus.“
Berlin, 7. Mai 1875.
Unterredung mit dem Landrat v. Tiedemann,
betreffend den Minister Eulenburg und die Schwie-
rigkeiten seiner Stellung.“
Bismarck: „Mit Eulenburg ist mir der Geduldsfaden
gerissen. In diesem Memeoire bitte ich den Kaiser zwischen ihm
und mir zu wählen. Hoffentlich willigt er in die Entlassung
Eulenburgs. Ich wäre gar nicht abgeneigt, als seinen Nach-
folger den Regierungspräsidenten v. Ende hierfür in Vor-
schlag zu bringen, denn dieser ist neuerdings schändlich brüskiert
worden, weil er sich korrekt und energisch benommen, und
verdient wegen dieser schlechten Behandlung eine Genugtuung.
Schlimm ist es, daß die altliberalen Weiber wie die Kletten
zusammenhalten. Camphausen hat seine Freunde, wo er konnte,
in der Verwaltung untergebracht. Die Schwierigkeit meiner
Stellung wird von der Mitwelt und wahrscheinlich auch von
der Nachwelt nicht gebührend gewürdigt werden. Die Historiker
") Zirka 2. Mai 1875. Unterredung mit dem Abgeordneten
Wehrenpfennig. Bismarck: „Der verständigste Mensch, der mir
seit langem vorgekommen, ist Tiedemann“. Tiedemann, a. a. O.,
Seite 29.
*) Tiedemann, a. a. O., S. 32f.