Full text: Also sprach Bismarck. Band II. 1870 - 1888. (2)

— 230 — 
An dem falschen Kriegslärm im Frühjahr') waren haupt- 
sächlich schuld der französische Botschafter in Berlin und Orloff, 
der russische Botschafter in Paris. Ersterer ist unter einem 
Vorwand nach Petersburg gereist und hat dort Frankreich 
als schwer bedroht dargestellt, letzterer hat aus Paris so 
berichtet, wie es Gortschakow angenehm gewesen. Dieser 
hat gerne die Rolle eines Friedensengels vor Europa gespielt 
und schließlich dem Kaiser glauben gemacht, wir wollen Krieg 
anfangen. Wozu? Aus Furcht vor der Zukunft? Das ist, 
wenn man den Gegner immer stärker werden sieht, vom 
militärischen Standpunkte aus erklärlich; ich aber würde, wenn 
der vielleicht später zu führende Krieg noch vermieden werden 
kann, denselben nicht vom Zaune brechen. In den falschen 
Lärm haben sich auch hochstehende Frauen gemischt, so die 
Königinnen von England und von Holland. Englands Ver- 
halten, das den Mächten zur Aufrechterhaltung des Friedens 
seine ganze Macht zur Verfügung gestellt hat, ist einfach 
lächerlich gewesen. In Paris ist der Kriegslärm erwünscht 
gewesen, um eine ganz beträchtliche Verstärkung der Armee 
durchzusetzen. 
Natürlich hat auch die Presse das Ihrige beigetragen, 
sie ist eine große Unbequemlichkeit für die auswärtige Po- 
litik. Die englische und die französische Presse machen viel 
weniger in auswärtiger Politik, die deutsche Presse beschäf- 
schäftigt sich vorzugsweise damit, weil der Deutsche vor dem, 
was auswärts geschieht, noch einen zu großen Respekt hat. 
Sodann leistet die Diplomatie in Berlin Erstaunliches in der 
Presse. Jede Botschaft, jede Gesandtschaft hat ihre Ver- 
*) Bismarck wurde damals von der französischen und rus- 
sischen Diplomatie so hingestellt, als ob er einen Krieg mit Frank- 
reich plane. Die Veranlassung zu diesem Gerüchte gab ein Ge- 
spräch des Herrn v. Radowitz mit dem französischen Botschafter 
in Berlin Gontaut-Biron. Nach Biron hätte ihm Radowitz gesagt, 
es sei politisch und christlich, den Krieg mit Frankreich anzu- 
fangen, solange es noch nicht völlig gerüstet sei. 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.