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Im Reichstage sind selbst einige von den Abgeordneten gegen
das Projekt, welche in allen anderen Beziehungen der Ent-
wicklung des Reichs zugetan sind, weil sie auf ihre Wähler
Rücksicht zu nehmen haben. Auch bleibt zweifelhaft, ob das
preußische Abgeordnetenhaus zustimmen wird; hier gehen die
Ultramontanen und die Fortschrittler wieder einmal zusammen.
Wird das Gesetz dort abgelehnt, so wird mir dies der lange ge-
wünschte Anlaß sein, das Haus aufzulösen. Opposition habe
ich auch im preußischen Staatsministerium gefunden und dort
nur durch Stellung der Kabinettsfrage überwunden.
Bedauerlich ist es, daß die sächsischen und die bayerischen,
später auch die württembergischen Kammern sich vorzeitig über
die Angelegenheit ausgesprochen haben, ohne die Verhand-
lungen des preußischen Abgeordnetenhauses abzuwarten, die
über verschiedene wesentliche Punkte Klarheit geben werden.
Auch halte ich es nicht für zweckmäßig, daß das „Dresdner
Journal“ mit seinen Artikeln zur Abwehr von Angriffen
gegen die Regierung in der Presse sich so beeilt hat, während
ich meinerseits das Material zur Publizität gelangen zu lassen
mich bisher sorgfältig gehütet habe.
Daß ein solches Eisenbahngesetz, wie ich es brauche, von
dem Bundesrat nicht zu erlangen ist, haben die bisherigen
Verhandlungen gezeigt; ich werde indessen die Bemühungen
um ein Eisenbahngesetz fortsetzen. Doch kann nicht beansprucht
werden, daß die Rücksichtnahme Preußens auf die Befürch-
tungen der übrigen Bundesstaaten so weit geht, daß Preußen
auf die ihm notwendige Konsolidation seiner Bahnen ver-
zichten solle.“
Der den Verkauf der preußischen Staatsbahnen an das
Reich betreffende Gesetzentwurf wurde in dem Abgeordneten-
hause in den Sitzungen vom 26., 27. und 29. April und vom
2. Mai beraten und schließlich mit 216 gegen 160 Stimmen
angenommen.