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fahrungen denke ich übrigens nicht daran, ihm neue Steuer—
vorlagen zu unterbreiten; vielmehr überlasse ich es den durch
die Höhe der Matrikularbeiträge gereizten Regierungen, ihrer-
seits Vorschläge über eine anderweitige Befriedigung des Be-
dürfnisses zu machen.“
Varzin, 29. September 1876.
Unterredung mit dem Botschafter Fürsten Hohen-
lohe-Schillingsfürst, betreffend die orientalische
Frage, die Beschickung der Pariser Ausstellung
durch Deutschland, den Nachfolger des Botschafters
Gontaut-Biron.“
Anknüpfend an den Konflikt Rußlands mit der Türkei be-
merkte Bismarck: „Wenn Rußland mit England in Konflikt ge-
rät, so ist das für uns kein Nachteil. Sie können sich gegenseitig
wenig Schaden zufügen und wir können den Kampf ruhig mit
ansehen. Viel übler wäre es, wenn Rußland und Oesterreich
aneinander gerieten. Halten wir uns neutral, so werden die
Geschlagenen es uns nie verzeihen. Wenn Oesterreich ganz
vernichtet würde, so wäre das für uns kein Vorteil, da wir
zwar die Deutschen annektieren könnten, aber nicht wissen
würden, was wir mit den Slawen und Ungarn machen sollten.
Gegen Oesterreich in den Krieg zu ziehen mit Rußland, das
erlaubt die öffentliche Meinung in Deutschland nicht. Ruß-
land ist für uns gefährlich, wenn Oesterreich zugrunde geht.
Mit Oesterreich können wir Rußland in Schach halten. Ich
hoffe, daß Andrassy, wenn ihm kein anderer Weg übrigbleibt,
in Bosnien einrücken und dieses Land behalten wird. Andrassy
tut dies ungern, aber immer lieber als ein serbisches König-
reich entstehen zu lassen.“
*) Denkwürdigkeiten des Fürsten Hohenlohe, Bd. II,
S. 200 f.
v. Poschinger, „Also sprach Bismarck“, Band II. 17