Full text: Also sprach Bismarck. Band II. 1870 - 1888. (2)

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Die friedliebenden Mächte in Mitteleuropa sind aufein- 
ander angewiesen gegen Friedensstörungen von Westen wie 
von Osten. Deutschland kann vielleicht zu einer organischen 
Verbindung mit Oesterreich gelangen, wenn auch nicht in der 
Form des früher oft genannten Siebzigmillionenreichs.“ 
Berlin, 11. April 1877. 
Unterredung mit Moritz Busch, betreffend die Frik- 
tionen Bismarcks am Hofe (Kaiserin Augusta), im 
Ministerium und im Reichstage.“ 
Bismarck: „Die Kaiserin hat immer eine Rolle spielen 
wollen. Zuerst mit den Liberalen und Lichtfreunden, jetzt 
mit den Ultramontanen und den orthodoren Hoforedigern. 
Sie ist fromm geworden — in deren Sinne, sie hat sich am 
Rhein mit den klerikalen Kreisen eingelassen, als sie älter wurde, 
und wenn sie nicht schon katholisch ist, so wird sie es nächstens. 
Wir wissen, daß sie mit Mermillod persönlich verhandelt hat 
und früher während des Krieges mit Dupanloup brieflich. 
Sie hat an katholische Vereine geschrieben, daß sie die Kirchen- 
gesetze mißbillige, und diese Briefe sind veröffentlicht worden. 
Ferner die Verteidigung der Ursulinerinnen. Sie hat (wie 
Eugenie 1870) direkte Reskripte an die Behörde erlassen, was 
ich erst später erfahren habe. Der Kaiser aber wird alt und 
läßt sich von ihr immer mehr beeinflussen. Sie mengt sich auch 
in die auswärtige Politik und hat sich in den Kopf gesetzt, 
daß sie berufen sei, überall dem Frieden das Wort zu reden 
— Friedensengel zu sein. So schreibt sie Briefe an fremde 
Souveräne, an die Königin von England zum Beispiel, wovon 
sie ihrem Gemahle Mitteilung macht, der mir aber davon nichts 
sagt. Ein Teil dieser Korrespondenz ist von einem Subaltern- 
beamten des Hausministeriums besorgt worden. 
) M. Busch Tagebuchblätter, Bd. II, S. 418f. 
 
	        
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