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Recht für mich habe, muß jetzt schon gegen Sie und die anderen
Königreiche entschieden werden.“
Auf Mittnachts Vorstellung, daß eine solche Entscheidung
eine sachliche Verständigung erschweren könnte und die vor-
läufige Enthebung des Verfassungsausschusses von dem ihm
erteilten Auftrag, welche herbeizuführen er sich erbot, ge-
nügen würde, erklärte sich Bismarck schließlich auch damit ein-
verstanden. Ueber das Verhältnis Bayerns zu einem Tarif-
gesetz erklärte er: „Bayern ist zwar von den Artikeln 42 bis
46 Absatz 1 der Reichsverfassung eximiert, nicht aber von der
Ziffer 8 des Artikels 4, ein Tarifgesetz muß deshalb eigentlich
auch auf Bayern Anwendung finden. Ich behalte mir vor,
dieser Rechtsanschauung Ausdruck zu geben.“)
Berlin, 30. Juni 1879.
Unterredung mit dem Kultusminister Dr. Falk
über dessen Abchiedsgesuch.“
Bismarck: „Ihrem mir ganz unerwartet kommenden Ab-
schiedegesuche liegt wohl die Absicht zu Grunde, die gegen
mich gerichtete Demonstration der Nationalliberalen zu unter-
stützen?“
*) Der von Mittnacht proponierte Ausweg wurde ange-
nommen und damit die Frage in anständiger Weise zu Grabe
getragen. «
")NachdeerlikationvonFalk:TatsächlicheErgänzungen
zu Fürst Bismarcks „Gedanken und Erinnerungen“, in der „Deut-
schen Revue“, Juni-Heft 1899, S. 1ff. Bismarck hatte Falk durch
seinen Sohn Herbert zu sich bitten lassen, um das von dem
Kultusminister am 29. Juni eingereichte Entlassungsgesuch zu
besprechen. Die Unterredung fand um 1½ Uhr statt und dauerte
beinahe 1½⅛ Stunden; zuletzt wurde sie in Gegenwart Eulen-
burgs gepflogen.