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Stremoukow erinnerte Bismarck an die bereits früher
von ihm vertretene Ansicht, daß die russische Regierung un-
möglich für alle Meinungen und Erörterungen der russischen
Presse über politische Fragen verantwortlich gemacht werden
könne, und wies darauf hin, daß sie, nachdem erst kürzlich
ihre Solidarität mit den mehr oder minder scharfen Aeuße-
rungen der russischen Presse über die deutsche Politik in Abrede
gestellt sei, neuerdings wieder im „Regierungsboten“ ein kate-
gorisches Dementi veröffentlicht habe.
Bismarck: „Aber nach dieser Kundgebung Ihrer Re-
gierung haben anderen Tages Ihre „Petersburgskija Wiedo-
mosti“ einen Artikel gegen mich abgedruckt, der nicht nur an
Schärfe alles bisher Dagewesene weit übertraf, sondern ge-
radezu beleidigend war. Was soll ich davon denken, wenn
die in letzter Zeit von Ihrer Presse an den Tag gelegte Richtung
nicht nur von einigen Ihrer Staatsmänner gebilligt und unter-
stützt wird, sondern wenn sogar Ihr Kaiser selbst, wie kürzlich
in der Unterhaltung mit dem Grafen Schweinit sich in derselben
Weise und zwar überaus scharf ausspricht.
Ich weiß nicht, wodurch ich mir die Feindschaft der rus-
sischen Gesellschaft, der russischen Presse und Regierung zu-
gezogen habe; ich habe alle auf mich genommenen Ver-
pflichtungen gegen Rußland redlich erfüllt, sowohl vor dem
Orientkriege wie während des Berliner Kongresses. Deutsch-
land hatte wohlwollende Neutralität versprochen und hat sie be-
wahrt. Es hatte sich für Oesterreich verbürgt, und dieses
hat sich nicht gerührt. In Berlin sind sämtliche Forderungen des
russischen Bevollmächtigten von mir unterstützt worden und als
wegen Batum ernstliche Schwierigkeiten drohten, habe ich mich
an Salisbury gewandt — Disraeli war damals krank, und
Salisbury war, nebenbei bemerkt, so eine Art Untersuchungs-
richter über den Fürsten Gortschakow und den Grafen Schu-
waloff — und habe ihm ganz bestimmt erklärt, daß, wenn
Batum nicht an Rußland fiele, ich am nächsten Tage den