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setzlicher Auffassung erledigten Bischofstühle nur gleichzeitig
mit einer allgemeinen Beendigung des Streites entschieden
werden könne. „Ich will aber auch diesen Punkt meiner Re-
gierung mitteilen, damit sie ihn in ihren Instruktionen für
den Botschafter Reuß berücksichtigen kann. Mein heutiges
Angebot geht nicht weiter, als meine Instruktion vom vorigen
Jahr auf der Franchi'schen Basis.“
Wien, 21. bis 24. September 1879.
Unterredungen mit Andrassy über das Zustande-
kommen des deutsch-österreichischen Bündnisses.“
In Wien angekommen“'") wiederholte Bismarck das Gastei-
ner Angebot: Schutz= und Trutzbündnis nach jeder Richtung,
ohne Nennung Rußlands, wobei aber der Sachlage nach
Rußland gemeint sei. Graf Andrassy aber blieb bei dem in
Gastein gesprochenen Wort. Ein öffentliches Bündnis wäre
eine Provokation, weil es nicht bloß den Schutz gegen eine
russische Aggression, die ja auch ausbleiben konnte, enthalte,
sondern die Isolierung Rußlands konstatieren würde, was
der friedlichen Strömung in Petersburg kaum zu statten
käme.
Bismarck war — oder zeigte sich — von diesen (und
anderen) Einwänden ziemlich enttäuscht, machte aber keinen
Augenblick Miene, die Verhandlungen abzubrechen oder auch
*) Nach einer Erzählung Doczys in der „Neuen Freien
Presse"“ anläßlich der Enthüllung des Pester Andrassy-Denkmals.
"“) Andrassy erwartete Bismarck am Bahnhof. Als beide
Staatsmänner im Wagen Platz genommen hatten, hub Bismarck
an, daß zu seinem großen Leidwesen das Bündnis auf der
Grundlage, wie Andrassy es wollte, nicht zustande kommen
könne. Andrassy blieb bis Mitternacht bei Bismarck im Hotel
Imperial. Die beiden Staatsmänner konnten nicht überein-
kommen.
v. Poschinger, „Also sprach Bismarck“ Band II. 22