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Wien, 23. September 1879.
Unterredung mit dem türkischen Botschafter in
Wien, Ehdem Pascha, betreffend die politische
Lage der Türkei.“
Bismarck: „Ich begrüße Sie. Es wird Ihnen wohl hier
besser behagen, als ehedem in Berlin!“
Ehdem Pascha: „Ich kann nicht leugnen, daß dies der
Fall ist, und daß sich die an meine Uebersiedlung hieher knüpfen-
den Besorgnisse glücklich zerstreut haben.“ Dam besprach
man die Lage der Türkei und den Berliner Vertrag. Ehdem
gestand, daß der letztere, wie heftig er auch von den Türken
angegriffen und bemängelt worden sei, jetzt für das türkische
Reich den letzten Rettungsanker darstelle.
Bismarck: „Ich freue mich, diese Auffassung von Ihnen
zu hören. Deutschland nimmt an dem Schecksal der Türkei
einen wärmeren Anteil als man glauben will. Ich wünsche
Ihrem Staate die Möglichkeit einer gedeihlichen Fortentwick-
lung zu sichern. Deutschland und Oesterreich wachen über
die gewissenhafte Ausführung des Berliner Vertrages, und
werden jeden von außen kommenden Versuch, dieselbe zu zer-
stören, mit Nachdruck niederhalten.“ Bei Besprechung der
Biemarcks Gesellschaft zu befinden, ohne die Frage riskieren
zu dürfen, was er eigentlich in Wien macht ..“
„Jch kann unmöglich zugeben,“ erwiderte der Fürst, „daß
Sie leiden, und ich werde Ihnen also offen über den Zweck
meiner Reise nach Wien Rede stehen. Ich bin nach Wien ge-
kommen, um mit Hilfe meines Freundes Andrassy eine Magnet-
nadel zu finden, welche alle Friedenselemente anzieht und
erhält.“
„Die Magnetnadel zeigt doch nach Norden?“ versetzte die
Dame.
„Gewiß,“ fiel der Fürst rasch ein, „das ist eben die Pointe
der ganzen Geschichte!“
*) Nach einem in dem „Temps“ erschienenen Referate.