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Friedrichsruh, 20. September 1880.
Unterredung mit dem Landrat v. Bennigsen-
Förder, betreffend eine Einigung der national-
liberalen Partei mit den Konservativen.“
Bismarck: „Schreiben Sie sich mit Ihrem Vetter, dem
Landesdirektor, öfters?“
Bennigsen: „Ich hatte kurz vor der Abreise meines Vetters
nach der Schweiz einen Brief von ihm.“
Bismarck: „Hoffentlich wird Ihr Herr Vetter den Se-
zessionisten die Tür zumachen. Mit nur negierenden Par-
teien kann die Staatsregierung nicht gehen. Ich hoffe, daß
eine Einigung zwischen der Nationalliberalen Partei mit den
Konservativen, natürlich ausgeschlossen die Kreuzzeitungspartei,
stattfinden wird. Diese Parteien haben miteinander zu ver-
fallen lassen, an die habe ich mich schließlich gewöhnt. Aber
neulich sind mir gar sämtliche Mitglieder der Kurkapelle nach-
gelaufen. JFeder Einzelne mit dem BZylinder auf dem Kopf
und im schwarzen Rock. Es sah zu toll aus. Die ganze
Gesellschaft belagerte dann Ihre Tür. Da ist mir die Sache
denn doch zu bunt geworden.“ Bismarck klagte gelegentlich über
Kopfweh, das er sich durch eine Erkältung zugezogen habe. Müller
wies auf die Kahlhäuptigkeit des Fürsten hin und erbot sich.
uhm ein Toupé anzufertigen. „Ja, wenn ich's nicht wäre!“
meinte Bismarck lächelnd. „Aber, du lieber Gott, was würde
das für einen Spektakel geben! Jeder Mensch würde meine
Perrücke sehen wollen. Stellen Sie sich das angenehm vor?
Uebrigens habe ich schon früher mal eine getragen. Das war
in Rußland. Ich bin aber wieder davon abgekommen.“ Müller
schlug nunmehr vor, dem Fürsten den Kopf zu waschen, das
würde ihn erquicken. „Nein,“ lautete die Antwort, „mir soll
niemand den Kopf waschen.“
*) Nach einem Briefe des Landrats v. Bennigsen-Förder
an den Abgeordneten Rudolf v. Bennigsen, d. d. Ratzeburg,
23. September 1880. Hermann Onken Rud. v. Bennigsen, Bd. II
S. 447 f.