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wenn ich sie aussprechen will. ') Trotzdem habe ich Sie
nicht abweisen wollen.“
Cremer: „Ich bedaure sehr, daß Sie leidend sind, noch
mehr, daß ich Sie gestört habe. Ich wollte nur die Frage
an Eure Durchlaucht richten, was geschieht, wenn der Kron-
prinz an die Regierung kommt?“
Bismarck: „Das will ich Ihnen sagen! Wenn Seine
Kaiserliche Hoheit heute zur Regierung gelangen sollte, dann
gede ich sofort meine Entlassung als Ministerpräsident und
Reichskanzler und erhalte morgen meine Bestellung als Reichs-
kanzler und Ministerpräsident zurück.“
Cremer: „Das habe ich nicht anders erwartet. Deshalb
habe ich es auch nicht für möglich gehalten, daß der kom-
mende Wechsel auf dem Throne einen Wechsel im System
bedeuten werde.“
Biomarck: „Wie mans auffaßt! Die Stellung des
Königs von Preußen ist Gott sei Dank eine starke, daß
die Individualität des Monarchen sich jedesmal nicht bloß
geltend machen wird, sondern auch Geltung verschaffen muß.
Jeder unserer regierenden Herren hat von jeher darauf ge-
halten, sofort bei der Thronbesteigung zu erkennen zu geben,
daß er nunmehr die Zügel der Regierung ergriffen hat,
daß eben ein anderes Regiment eingetreten ist. Das zeigt
sich erst in dem Wechsel der dem Könige am nächsten stehen-
den Personen. Nicht bloß, daß der Hofstaat ein anderer
wird, was ja bezüglich der. Staatsgeschäfte im Ganzen wenig
zu bedeuten hat, nein, auch in den Ministerien treten meist
erhebliche Veränderungen ein. De,shalb ist es wohl denk-
bar, daß auch bei dem in Rede stehenden Ereignisse die-
jenigen Minister, die eine wesentlich prononzierte Stellung
eingenommen haben, anderen Männern Platz machen müssen,
*) Es war das die Zeit, in der er auf den Rat der
Aerzte den Vollbart trug, der ihm ein ganz fremdartiges Aus-
sehen verlieh.