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Ovation, an der auch ein junges Mädchen teilgenommen hatte,
habe seinem alten Herzen wohlgetan: „Sehen Sie, mein Lieber,
es ist doch etwas schönes um die Jugend! Ja, auf ihr ruht
unsere Hoffnung. Wissen Sie, am meisten habe ich mich
über das Mädel gefreut, haben Sie sich das angesehen? So
etwas Frisches, Kerniges, das sieht man gern, und wie sie den
Hut vom Kopfe riß! Da lag viel drin! Begeisterungsfähig-
keit, Selbstvergessenheit der eigenen Person! Das findet man
bei den heutigen Damen selten und doch ist es gerade das, was
wir brauchen. Die Söhne, die werden es noch nicht vergessen,
wie das Reich entstand, aber die Enkel — da liegt es schon
schlimmer, denen wird die große Zeit schon viel ferner ge-
rückt sein, und um die Erinnerung wachzuhalten, um den
Vaterlandsgedanken von Jugend an als Hoöchstes in ihre
Herzen zu pflanzen, dazu brauchen wir rechte deutsche Frauen
und Mütter, das ist's, was uns am meisten not tut. Ja, und
das Mädel, das sieht aus, als würde es mal sicher eine
rechte. Glücklich der Mann, der sie heimführt! Doch, was
ist mit Ihnen, mein Freund, Sie scheinen meine Begeisterung
nicht zu teilen?“
Worte erwiderte der Kanzler auf die Huldigung, und bewegt
war sein Dank für die immer und immer wieder spontan hervor-
brechende Begeisterung, aber auch ernste Mahnungen gab er der
Jugend mit hinaus ins Leben. Für Deutschlands Macht und
Größe ihre beste Kraft einzusetzen, für das geliebte Vaterland
m leben und zu sterben, das legte er den Jünglingen, auf
denen des Volkes Hoffnung ruhe, warm ans Herz. Tief er-
griffen standen die Studenten, dann aber brach es los, einer
hob an und „Deutschland, Deutschland über alles, über alles
in der Welt“ brauste es wie ein Gelöbnis gegen den Himmel.
Hochaufgerichtet stand der Kanzler, während um ihm der
Gesang verhallte, dann setzte er sich langsam in Bewegung,
und schritt, von einigen näheren Bekannten begleitet, die Reihen.
der Studenten entlang. Endloser Jubel umgab ihn. „Bismarck,
hoch hoch hoch!“ schallte es von allen Seiten, die Mützen
wurden immer und immer wieder geschwenkt und die Begeisterung